Reisebericht Ottawa und Vancouver: We are back – Kanada zurück auf der Weltbühne?

Vom 24. bis zum 28. Oktober 2016 besuchte ich Kanada. Im Mittelpunkt der Gespräche in Ottawa und Vancouver standen Fragen der Außen-, der Energie- und der Handelspolitik. An den Universitäten von Ottawa und Vancouver sprach ich zu Klimawandel und Dekarbonisierung. Begleitet wurde ich von Florian Burkhardt, dem Fraktionsreferenten für Außenpolitik.

Zusammenfassung

  • We are back – ist wohl der am häufigsten gehörte Satz aus der neuen Regierung Trudeau. Nach zehn Jahren Regierung Harper versteht sich Kanada wieder als internationaler Akteur.
  • Nachdem Kanada viele Jahre die UN faktisch boykottiert hat, möchte es sich nun verstärkt engagieren. Dies gilt für die Teilnahme an UN-Missionen mit Soldaten wie Polizisten, für ein stärkeres Engagement bei humanitärer Hilfe gerade für Flüchtlinge im Nahen Osten – aber auch für die Bestrebungen um einen – nicht ständigen – Sitz im Sicherheitsrat. Europa und Deutschland sollte es hierbei bestärkten. Kanada kann ein starker multilateraler Partner sein.
  • Auch im Rahmen der NATO und im Kampf gegen den Terror engagiert es sich – etwa in der Beteiligung bei den Rückversicherungsmaßnahmen im Baltikum und bei der Ausbildung für die irakische Armee. Die Beteiligung an Kampfeinsätzen gegen den IS hat Kanada im Februar 2016 eingestellt.
  • Im Verhältnis zu Russland lobt Kanada – in dem über 1 Mio. Menschen mit ukrainischem Hintergrund leben – die Politik Deutschlands und Frankreichs und setzt unter anderem wegen der Interessenlage in der Arktis und der langen gemeinsamen Grenze auf eine Politik des Dialogs.
  • Auch in Kanada hofften zum Zeitpunkt meiner Reise alle Gesprächspartner auf und rechneten mit einem Sieg Hillary Clintons. Allerdings rechnete auch die kanadische Seite mit höheren Verteidigungslasten und einer interventionsfreudigeren Politik der USA unter Clinton. Diese Erwartungen haben sich nicht erfüllt.
  • Nachdem Kanada sich unter Harper aus dem Kyoto-Rahmen verabschiedet hatte, will die neue Regierung beim Klimaschutz künftig eine führende Rolle spielen. Dieses ist zunächst nur ein Anspruch – hat man doch lediglich das alte Reduktionsziel von -30 % gegenüber 2005 bis 2030 von der alten Regierung übernommen.
  • Zentrales Instrument für die Erreichung dieses Ziels soll die Bepreisung von CO2 sein. Dieser Preis soll bis 2030 auf 50 $/t steigen. Den Provinzen soll hierfür frei gestellt werden, ob sie hierfür eine Carbon Tax (British Columbia) oder ein Cap and Trade System, (Quebec) wählen. Hier sind noch sehr viele Fragen offen – auch wie diese unterschiedlich wirkenden System national harmonisiert werden können. Einzelne Provinzen (Alberta) haben darüber hinaus Vereinbarungen zum Klimaschutz und zum Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen.
  • Kanada exportiert in hohem Maße fossile Energie. Öl steht mit einem Anteil von rund 15 Prozent auf Rang eins der Ausfuhrgüter. Öl wird vor allem aus Teersänden gewonnen und dafür Erdgas im großen Stile verwendet. Das Problem, das zur Umsetzung der Paris-Vereinbarung vier Fünftel der heute bekannten fossilen Energien unter der Erde bleiben müssen, wird zwar anerkannt, aber es gibt keine Antwort darauf. Im Gegenteil, es werden nach dem Aus für die Keystone-Pipeline in die USA neue Pipeline-Projekte forciert. Der Kinder-Morgan-Pipeline von Alberta nach British-Columbia werden hierbei die größten Genehmigungschancen zugesprochen.
  • Da Energiepolitik weitgehend in der Kompetenz der Provinzen ist, gibt es faktisch keine nationale Energiestrategie – und auch kein nationales Netz. Die Potentiale für Erneuerbare werden weniger genutzt als in den USA. Hier sind die Bemühungen der Deutschen Botschaft, die Erfolge der der deutschen Energiewende über Wissenschaft und NGOs bekannter zu machen (Ottawa Climate Talks, Konferenz Managing Decarbonization), ein richtiger und willkommener Ansatz. Diese Kooperation sollte gestärkt werden.
  • Kanada hat ein massives Interesse an der Öffnung des europäischen Marktes für seine Waren. Auch die Gegner der konkreten Regelungen zu public services oder Investor Court Systems in CETA sehen in einem Handelsabkommen mit Europa eine Chance, die einseitige Abhängigkeit vom US-Markt zu mindern. Die Bedenken etwa der Wallonie, die während meines Besuchs zur Absage des EU-Kanada-Gipfels führten, wurde in Presse und Regierung sehr sachlich zur Kenntnis genommen – allerdings sah man es als europäisches Problem an.
  • Kanada hat mit der nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) durchaus sehr negative Erfahrungen gemacht. So wird ein Teil der Verluste von Standorten in der Autoindustrie darauf zurückgeführt. Vor allem aber ist Kanada wie kein anderes Land der Welt zu Milliarden an Schadensersatz an Unternehmen im Rahmen von Schiedsverfahren verurteilt worden. Dennoch gibt es keine Bestrebungen der aktuellen Regierung, etwa die Regeln des Kapitel 11 von NAFTA zu kündigen und für Regelungen etwa analog ICS in CETA zu streiten.
  • Die Regierung betont, dass hinsichtlich der Schiedsverfahren, aber auch mit Blick auf Verbraucher-, Arbeits- und Umweltstandards, CETA besser sei als das transpazifische Abkommen TPP. Dem widersprechen die Gegner von CETA aus Gewerkschaften, NGOs, Umweltverbänden und den Grünen – und ein wenig zögerlich auch die (sozialdemokratische) New Democratic Party (NDP). Sie sehen in der Substanz viel Gemeinsamkeit zwischen den Abkommen und lehnen deshalb CETA ab, weil es Regulierung und Standardsetzung erschwert bis hin zum regulatory chill.
  • Doch während die Zukunft von TPP – mit Blick auf die USA – ungewiss ist, gehen auch die Gegner davon aus, dass CETA in Kraft treten wird. Hierbei wird allerdings vorerst nur mit einem vorläufigen Inkrafttreten gerechnet – was wiederum bedeutet, dass unter anderem sowohl die ICS-Regelungen wie die Arbeitsschutzbedingungen nicht wirksam werden.
  • Mit Elizabeth May gibt es eine sehr bekannte und aktive grüne Abgeordnete im Unterhaus. Ob die Grünen wie erhofft künftig stärker im Parlament vertreten sein werden, ist offen. Denn ob das Wahlversprechen der Trudeau-Regierung, ein neues Verhältniswahlrecht einzuführen, angesichts ihrer sehr komfortablen Mehrheit umgesetzt wird, wird zunehmend bezweifelt.

Klimaschutz und Dekarbonisierung

Mit Umweltministerin McKenna tauschte ich mich über aktuelle klima- und energiepolitische Entwicklungen aus. Sie erläuterte ihre Bemühungen um die Erarbeitung einer nationalen Klimastrategie („Pan-Canadian Framework“), die allerdings durch die starke Stellung und die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Provinzen erschwert würde. Die Regierung Trudeau pflegt in der Klimapolitik zwar eine deutlich progressivere Rhetorik als die Regierung Harper. Eine gewisse Symbolkraft kommt so etwa der Umbenennung des Umweltministeriums in Ministerium für Umwelt und Klimawandel sowie der Einrichtung eines von meinem früherem Umweltministerkollegen und heutigem Außenminister Dion geleiteten Kabinettsausschusses für Umwelt, Klimawandel und Energie zu. Am Klimaziel der Harper-Regierung (-30% bis 2030 gegenüber 2005; entspricht lediglich -17% gegenüber 1990) soll sich jedoch nichts ändern. Auch hält die Regierung Trudeau grundsätzlich am Abbau der Teersände fest.

So kritisierten auch die grüne Abgeordnete Elizabeth May und  – mit einigen Abstrichen – die umweltpolitische Sprecherin der oppositionellen sozialdemokratischen NDP, Linda Duncan, die Klimapolitik der Regierung als zu wenig ambitioniert. May erläuterte, dass Kritik an der Klimapolitik der Regierung nur wenig Widerhall in der Öffentlichkeit fände. Die kanadischen Umwelt-NGOs etwa wollten offenbar wegen der allgemeinen Popularität Trudeaus nicht lautstark gegen ihn opponieren. Und bei aller Kritik sei es auch klimapolitisch so: „Trudeau is far better than Harper“.

Interessant ist der Blick auf die einzelnen Provinzen, die teilweise bereits jetzt ambitioniertere Energie- und Klimastrategien verfolgen. So hat Ontario im April 2014 das letzte Kohlekraftwerk geschlossen und im November 2015 Kohleverstromung gesetzlich verboten. Mit dem „Green Energy and Green Economy Act“, der sich am deutschen Erneuerbare Energien-Gesetz orientiert, werden Erneuerbare durch einen Feed-in Tariff gefördert. Québec betreibt gemeinsam mit Kalifornien ein Emissionshandelssystem.

Die Regierung der Haupt-Erdölprovinz Alberta hat verkündet, bis 2030 aus der Kohleenergie auszusteigen. Dabei sollen zwei Drittel der Kohlestromerzeugung, die derzeit rund 55% des Strommixes von Alberta ausmachen, durch Erneuerbare Energien ersetzt werden, ein Drittel durch Gas. Darüber hinaus wurde bereits eine Carbon Tax eingeführt. In British Columbia (BC) gibt es seit 2007 ebenfalls eine solche, aufkommensneutrale Steuer, die zu einem Preis von rund 16 Kanadische Dollar (CAD)/t CO2 geführt hat. Das Aufkommen aus der Steuer mit einer Bemessungsgrundlage von 70 % wird an Einkommensschwache und kleine Unternehmen in Gestalt von Steuergutschriften und Schecks zurückgegeben. Sie hat – bei einem Wachstum von 12 % – seit Einführung, zur Stabilisierung der Treibhausgasemissionen geführt. BC bindet aber weitere Erhöhungen daran, dass andere Provinzen ähnliche Schritte gehen.

Peter Robinson von der Suzuki-Stiftung hielt der BC-Regierung hingegen vor, dass sie sich seit der Einführung der Steuer einfach ausgeruht hätte – und auch nicht wirklich bereit sei, neue Schritte zu gehen.

Vizeminister Fazik Milhar konnte die Frage nicht beantworten, wie kanadaweit die unterschiedlichen System (Ökosteuer und Emissionshandel) so synchronisiert werden sollen, dass ein einheitlich Preis von anfangs 30 und bis 2022 dann von 50 CAD/t CO2 entsteht. Die nächste Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Dezember hierzu dürfte sehr kontrovers werden.

BC ist bei Strom weitgehend CO2 frei, da es über große Wasserkraft verfügt. Die Regierung fördert die Verflüssigung von Gas – und da dies mit Strom geschehen soll, sei der CO2-Fußabdruck auch geringer als sonst bei Flüssiggas. Dennoch rechnen sie zur Zeit nicht mit einer neuen Gas-Pipeline, da unter den aktuellen Preisbedingungen nicht wirtschaftlich. Zur Kinder-MorganPipeline von Alberta hat sie sich nicht geäußert. Sehr interessiert war man an den Erfahrungen, die wir mit der energetischen Gebäudesanierung gemacht haben.

Die aus dem Klimafonds der Bundesregierung geförderte Konferenz Managing Decarbonization an der Universität von BC fand in der Wissenschaft Aufmerksamkeit. Auch hier ist der Beschluss des Bundesrates, fossile Verbrennungsmotoren ab 2030 in Europa nicht mehr zulassen zu wollen, auf große Beachtung gestoßen. Gleiches gilt für die während meines Besuchs von der Deutschen Botschaft sowie der University of Ottawa organisierten Ottawa Climate Talks, an der neben mir als Panelist aus Deutschland auch Prof. Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal Instituts teilnahm.

Wir sind wieder da – Kanadas Außenpolitik

In den Gesprächen mit John McKay, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Robert Nault und Stephen Fuhr, Vorsitzende des Auswärtigen respektive des Verteidigungsausschusses, und Daniel Jean, Sicherheitsberater von Premierminister Trudeau, ging es um die Neuausrichtung der kanadischen Außenpolitik. Die Regierung wolle insbesondere das Engagement in den Vereinten Nationen ausbauen, etwa in Peacekeeping-Missionen (zugesagte 450 Mio. CAD über drei Jahre, bis zu 600 Soldatinnen und Soldaten sowie 150 Polizistinnen und Polizisten). Geographischer Schwerpunkt sei dabei das frankophone Afrika. Zudem kandidiert Kanada um einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat. Mit dieser Rückkehr zum Multilateralismus vollzieht die Regierung Trudeau eine begrüßenswerte Kehrtwende in der kanadischen Außenpolitik nach Harper.

Die Beteiligung am Kampfeinsatz gegen den IS in Syrien und Irak stellte Kanada im Februar 2016 hingegen ein. Das Engagement konzentriert sich künftig auf die Bereiche Ausbildung und Beratung sowie humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit (hierfür stellt die Regierung für die kommenden drei Jahre 1,1 Mrd. CAD zur Verfügung). Etwas nebulös blieben die Antworten auf meine Frage, warum Kanada aus dem AWACS-System der NATO ausgestiegen sei. Hier war von den wenigen Gesprächspartnern, denen die Entscheidung überhaupt bekannt war, lediglich von Kostengründen die Rede.

Auch in der Flüchtlingspolitik vollzog die Regierung Trudeau einen erfreulichen Kurswechsel. Der Premierminister selbst begrüßte die ersten von zunächst 25.000 Flüchtlingen aus Syrien höchstpersönlich am Flughafen. Mittlerweile hat die Regierung die Zusage für die Aufnahme von 50.000 Menschen aus der Region zugesagt. Hinzu kommt weiterhin ein spezielles Programm für Jesidinnen und Jesiden nach dem Beispiel Baden-Württembergs. Dass selbst die konservative Opposition hierzu zu stehen scheint, konnte ich in der Fragestunde des Parlaments unmittelbar verfolgen, als die Oppositionsführerin Rona Ambrose Premierminister Trudeau für die schleppende Umsetzung seiner Ankündigung kritisierte und das deutsche Engagement für Jesidinnen explizit als Vorbild benannte.

Verteidigungsstaatssekretär McKay erläuterte das kanadische Engagement im Rahmen der NATO in Osteuropa (v.a. in Polen) bzw. in der Ukraine. Mit etwa 1,2 Mio. Personen sei die ukrainischstämmige Bevölkerung Kanadas nach der in der Ukraine selbst sowie in Russland die drittgrößte weltweit. Die kanadischen Ukrainerinnen und Ukrainer stammten fast ausschließlich aus dem Westen der Ukraine und seien sehr russlandkritisch. Kanada habe seit 2015 etwa 200 Militärausbilder in die Ukraine entsandt.

Auffallend im Übrigen das große Interesse an der Türkei –  alle außenpolitischen Gesprächspartner baten mich um eine Einschätzung zu den Entwicklungen unter Erdogan und der aktuellen Lage im Land nach dem Putschversuch.

CETA, NAFTA, TPP

Meine Gesprächspartner der liberalen Regierungsfraktion sowie Colin Barker aus dem CETA-Verhandlungsteam haben durchweg ihre Enttäuschung über die Entwicklungen zu CETA zum Ausdruck gebracht. Der Außenpolitiker Robert Nault etwa unterstrich, dass CETA für Kanada mehr sei als ein reines Handelsabkommen und auch die kulturelle und soziale Bindung und damit den Einfluss Europas in Kanada stärken solle. Er sehe dies auch vor dem Hintergrund der Debatte in Kanada, ob die USA mit ihrem stark marktliberal geprägten Wirtschaftsmodell nicht besser in der Lage sei, langfristig Wohlstand zu generieren. Aus Naults Sicht müssten die Sozialsysteme gestärkt werden, um den Rückhalt der Bevölkerung für mehr Freihandel zu gewinnen. In der Tat vollzog die liberale (!) Regierung Trudeaus auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik eine Kehrtwende. Mit dem Haushalt 2016/17 wendet sie sich bewusst von der Austeritätspolitik der Regierung Harper ab und plant für verstärkte Investitionen in Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur ein Defizit von 29 Mrd. CAD ein. Bereits im Wahlkampf hatten die Liberalen angekündigt, vorläufig jährliche Defizite von 10. Mrd. CAD jährlich eingehen zu müssen. Eine aus deutscher „Schwarzer Null“-Perspektive nur auf den ersten Blick erstaunliche Politik für eine liberale Regierung, jedenfalls wenn man die finanzpolitische akademische wie politische Debatte jenseits des Atlantiks im Auge hat.

Protest, kritische Töne und Argumente kommen auch in Kanada von Grünen, Umweltverbänden und Gewerkschaften. Sowohl Elizabeth May also auch meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner vom umweltpolitisch aktiven Council of Canadians, dem Think Tank Canadian Centre for Policy Alternatives sowie der National Union of Public Government Employees verwiesen insbesondere auf die schlechten Erfahrungen, die Kanada im Rahmen der NAFTA-Schiedsverfahren gemacht habe. Mit CETA seien ähnliche Erfahrungen zu befürchten. Allgemein bedauert wurde, dass es in Kanada keine große öffentliche Debatte zu CETA gebe, auch wenn sich etwa die kanadischen Grünen redlich bemühen, Öffentlichkeit herzustellen. So fand während meines Besuchs eine Pressekonferenz mit Professor Gus Van Harten von der York University zur ISDS-Problematik statt.

Der frühere Handelsminister Ed Fast, den ich Vancouver traf, lobte das – von ihm wesentlich verhandelte CETA – hingegen. Es sei das „progressivste Handelsabkommen“ dass jemals verhandelt worden sei. Dies gelte vor allem für die Bereiche öffentlicher Ausschreibungen und geografischer Herkunftsbezeichnungen, die es weder in TPP noch in den Entwürfen zu TTIP gebe. Hier wären die Staaten in den USA einfach außen vor, anders als die kanadischen Provinzen. Auch sei die Negativliste eine bessere Lösung, weil sie Regulierungen in neuen Bereichen nicht behinderten.

Auf die verlorenen ISDS-Verfahren Kanadas angesprochen betonte Fast, dass sie die Masse der Verfahren gewonnen hätten. In 25 Jahren hätten sie maximal 600 Mio. CAD bezahlt, aber Investitionen von über 5-6 Mrd. CAD jährlich aus den USA erreicht. Die verlorenen Fälle seien zu Recht verloren worden. Gerade in CETA sei Voraussetzung für Entschädigung, dass die Maßnahme klar diskriminierend sei und eine Enteignung ohne Entschädigung vorliege. Das Recht, allen Beteiligten die wirtschaftliche Betätigung durch Regulierung zu beschränken, sei nicht berührt.

ISDS sei zwischen Europa und Kanada nicht zwingend – aber ein Verzicht darauf können bei Verhandlungen mit Dritten wie China erschwerend, weil diskriminierend wirken. Ein vorläufiges In-Kraft-Setzen ohne ICS sei vielleicht eine für alle gute Lösung, da trotzdem 90 % des Abkommens wirksam werden und so die wirtschaftlichen Effekte entfalten können.

Fast glaubt, dass Obama in der lame duck period TPP in Kraft setzen wird und dafür die Unterstützung von Republikanern haben wird, die sich an Trump rächen wollen. Diese Einschätzung hat Trump inzwischen widerlegt.

Grüne und Wahlsystem

In einem längeren Gespräch erläuterte ich einer Delegation der kanadischen Greenparty den Aufbau und die Struktur der deutschen Grünen (Delegiertenprinzip, Parteitage, Länderrat, Antragsverfahren zu Verschiedenes). Hintergrund sind Erfahrungen, dass es mit den bisherigen Strukturen leicht war, die Partei durch bestimmte kleine Gruppen zu kapern – in diesem Fall das BDS-Movement. Sie befürchten, dass so etwas zum Anlass genommen werden könnte, die anstehende Wahlrechtsreform zu blockieren. Deshalb müssten sie sich schnell eine andere Struktur geben.

Für die Umstellung vom Mehrheitswahlrecht auf ein poportionale(re)s System bliebe nur ein kleines Zeitfenster in diesem Dezember. Elizabeth May sei Mitglied der Kommission. Die Grünen waren überzeugt, dass „Justin“ dieses Wahlversprechen erfüllen würde. Das sieht Ed Fast völlig anders. Eine solche Reform sei überhaupt nicht im Interesse der Liberalen, gab sich der Konservative überzeugt.

Gesprächspartnerinnen und -partner

  • Catherine McKenna, Umweltministerin
  • Elizabeth May, (einzige) Abgeordnete der Greenparty im kanadischen Parlament
  • Robert Nault, Liberaler Abgeordneter, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses
  • John McKay, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium
  • Daniel Jean, National Security Advisor von Prime Minister Trudeau
  • Linda Duncan, NDP-Abgeordnete, Umweltpolitische Sprecherin
  • Stephen Fuhr, Liberaler Abgeordneter, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses
  • Ed Fast, Konservativer Abgeordneter, vormaliger Handelsminister
  • Colin Barker, Direktor im CETA-Verhandlungsteam
  • Brent Patterson, Council of Canadians; Larry Brown, National Union of Public Government Employees; Archana Rampure, Canadian Union of Public Employees; Hadrian Mertins-Kirkwood, Canadian Centre for Policy Alternatives
  • Abendessen mit Jean Boutet, Berater im Kabinett von Außenminister Dion, Vincent Klassen, Director International Affairs bei Natural Resources Canada; David Runnalis, Smart Prosperity Institute; Mike Cleland, University of Ottawa; Christian Holz, Climate Equity Reference Project
  • Jean-Luc Cooke, Greenparty
  • David Hunter, Greenparty
  • Fazil Milhar, Deputy Minister of Environment BC
  • Peter Robinson, CEO Suzuki Foundation
  • Thomas Teuwen, Kampagnenleiter Elizabeth May (Greenparty)

 

Ich danke meinen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern sowie für die Vorbereitung und Begleitung meiner Reise der Deutschen Botschaft Ottawa und dem Generalkonsulat Vancouver.

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