„Falsche Wolken über der Ukraine?“

Wie schwierig die Rolle der Medien in modernen Konflikten ist, konnte man gerade sehr eindrücklich bei der Berichterstattung über angeblich manipulierte Luftaufnahmen der russischen Regierung rund um den bis heute ungeklärten Abschuss des Fluges MH17‬ über der Ostukraine beobachten. Bellingcat, eine Bürgerjournalisten-Plattform hat Ende Mai eine forensische Analyse veröffentlicht, die beweisen sollte, dass die von der russischen Regierung vorgelegten Luftaufnahmen aus dem vermutlichen Abschussgebiet mit Photoshop manipuliert worden sind. Diese Bilder wiederum hatte Russland präsentiert um zu beweisen, dass der Abschuss des Flugzeugs mit dem BUK-Flugabwehrsystem (was offenbar inzwischen unstrittig ist) von ukrainischem Territorium aus passiert sei.

Jede Klarheit über die Absturzursache und den Verursacher wäre zu begrüßen und so übernahmen viele deutsche Medien (tagesschau.de, Zeit, FR, Welt… von BILD ganz zu schweigen) die Analyse von Bellingcat. Allerdings offenbar entgegen der eigenen Regeln völlig ungeprüft. Das stellte u.a. Stefan Niggemeier auf seinem Blog dar, aber auch SPIEGEL Online, das die Berichte auch erst weitgehend unkritisch publizierte hat heute ein Interview mit einem Forensiker veröffentlicht, der die Analysen von Bellingcat kritisiert.
Und nicht zuletzt hatte sich der Entwickler der verwendeten Analysesoftware von den Ergebnissen distanziert.

Das Ergebnis: der Wahrheit sind wir keinen Schritt näher gekommen. Aber die Frage, wie seriös Analysen von Medien wie Politik gegengeprüft werden, ist in diesem Fall sehr eindrücklich beantwortet worden. Die Rolle der Medien ist in solchen Konflikten immer eine der schwierigsten, aber auch wichtigsten. Die eigene Regel, Quellen immer kritisch zu hinterfragen und mindestens zwei unabhängige Quellen für die Bestätigung einer Information heranzuziehen, darf dabei nicht einfach unterlaufen werden. So verlockend es manchmal ist. Nur so kann Unabhängigkeit und auch Vertrauen gewahrt werden. Sonst bleibt nur die bittere Erkenntnis, dass im Krieg immer zuerst die Wahrheit das erste Opfer ist.

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