Der Kohleausstieg ebnet den Weg für fossilfreie Stromerzeugung
Am Tag zuvor waren noch Tausende Schüler im Streik: #Fridaysforfuture. Sie hatten gerade in Deutschland guten Grund dafür. In mehr als einem Jahrzehnt Merkelscher Kanzlerschaft sind die Treibhausgasemissionen nicht mehr gesunken, ja stiegen zuletzt geringfügig. Ein Grund dafür: Emissionen aus Kohlekraftwerken.
Das wird nun beendet. Bis 2022 gehen 3 Gigawatt Braunkohle und 4 Gigawatt Steinkohlekapazität vom Netz. Bis 2030 wird die Kohlekapazität gegenüber 2017 mehr als halbiert. Braunkohle fällt von 20 GW auf 9 GW, die Steinkohle reduziert sich von 23 GW auf 8 GW. Zum ersten Mal erscheint das Klimaschutzziel für den Stromsektor für 2030 solide erreichbar. Bis spätestens 2038 – eventuell schon 2035 – sollen alle Kohlkraftwerke stillgelegt sein. Innerhalb von 20 Jahren wird ein Drittel der heutigen Stromerzeugung zu ersetzen sein.
Was die Große Koalition nicht hinbekam, hat eine Kommission der Zivilgesellschaft mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Wissenschaft erreicht: Den Konsens der Bevölkerung beim Klimaschutz in praktische Politik zu überführen.
Bundestag und Bundesrat sollten ihn so umsetzen. Insbesondere müssen sie die Grundlage dafür schaffen, dass bis 2030 der Anteil erneuerbaren Stroms von heute 40 % auf mindestens 65 % gesteigert wird.
Natürlich hat das Ergebnis Licht und Schatten. Der Ausstieg ist mit unnötig hohen Entschädigungen an die Energieversorger bezahlt worden. Im Strommarkt drohen neue Subventionen. Einige, aber nicht alle bedrohten Dörfer werden gerettet. Und, klar, technisch würde der Ausstieg auch schneller gehen – ein Argument was es auch beim Atomausstieg gab.
Doch der Schatten mindert nicht die historische Bedeutung. Eines der größten Industrieländer der Welt macht sich nach dem Ende der Atomenergie auf, das Ende der fossilen Stromerzeugung einzuleiten. Dieser Ausstieg wird angesichts der erreichten Wettbewerbsfähigkeit Erneuerbarer Energien ohne Umkehr sein.
Der Konsens ist auch ein Stück politischer Kultur. Aktuell sind die Demokratien in Großbritannien, in den USA in einer Selbstblockade gefangen. In Deutschland gelingen trotz heftiger Auseinandersetzungen – Baumhäuser im Hambacher Forst, Demos der Kohlekumpel – Konsense über existentielle Streifragen.
Bei allem Streit um Lobby-Grenzwerte – der nächste Konsens nach Atom und Kohle wird der Ausstieg aus dem Diesel. Wetten das?
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