Klimakrise? Atomkraft – Nein Danke!

Blog zwischen den Jahren – Teil 1

Dieser Tage ging mit Philippsburg 2 auch der zweite Block des baden-württembergischen Atomkraftwerks vom Netz. Der Block 1 wurde bereits 2011 abgeschaltet. Damit laufen noch sechs der einst 19 Atomkraftwerke in Deutschland. Ende 2022 werden dann auch Lingen, Isar 2 und Neckarwestheim 2 vom Netz gehen.

20 Jahre nach dem Atomkonsens ist dann der Atomausstieg in Deutschland vollendet – allen Störmanövern und schwarz-gelben Rückholversuchen zum Trotze. Die damalige rot-grüne Koalition setzte mit dem Ausstieg aus der Atomenergie und dem Einstieg in die Erneuerbaren Energien eine globale Energierevolution in Gang, die heute nicht nur in Deutschland Energiewende genannt wird.

Das stürmische Wachstum in den ersten 15 Jahren des Erneuerbaren Energiegesetzes hat seitdem den Ausstieg aus der Atomenergie weit überkompensiert. Als der Konsens 2001 unterschrieben wurde, lieferten die 19 deutschen Atomkraftwerke gut ein Viertel unseres Stroms. Erneuerbare waren mit 4 % dabei. 2020 sollten die Erneuerbaren 20 % des Stroms liefern. Dieses Ziel wurde bereits 2012 übertroffen. 2019 war es das Doppelte gerechnet gut 40 % des Stroms werden heute erneuerbar erzeugt.

Zwar müht sich die Große Koalition redlich, diese Erfolgsgeschichte durch Abstandsregeln, Solarsteuer, Ausbaudeckel auszubremsen. Dies hat Arbeitsplätze in sechsstelliger Zahl gekostet. Aber global boomen Erneuerbare Energien – ob in China, in Indien, Texas oder Kanada. Die deutsche Energiewende hat Erneuerbare weltweit preiswert gemacht. Heute ist die Referenzgröße für die Kosten einer Kilowattstunde Strom heute Strom aus Wind.

Doch die gleiche große Koalition, die die Erneuerbaren bürokratisch ausbremst, die ein Jahr nach dem Kohlkonsens noch immer kein Ausstiegsgesetz vorgelegt hat, streitet nun lieber, ob es nicht klüger wäre, wieder auf Atomkraft zu setzen. An der Union solle das nicht scheitern, verkündet ihr energiepolitischer Sprecher Joachim Pfeiffer. 

Anfang des Jahres erregte Greta Thunberg Aufsehen, als sie die Frage aufwarf, ob für den Klimaschutz nicht auch Atomkraft gesetzt werden müsse – auch wenn sie das nicht befürworte. Einer, der zum Zwecke des Klimaschutzes massiv in Atomkraftforschung investierte, ist Bill Gates. Er musste aber Mitte 2019 einen schweren Rückschlag seines Terrapower Projekts einräumen. Ganz aktuell gibt es innerhalb der Europäischen Union Streit darüber, ob zur Klimaneutralität bis 2050 auch Atomkraft zum Einsatz kommen kann, wie es etwa Tschechien verlangt.

An dieser Diskussion ist so gut wie nichts neu. Schon 2001 verkaufte die Deutsche Atomindustrie ihre Schätzchen als „CO2-frei“. Doch damals wie heute gilt: 

Atomkraft hilft nicht beim Kampf gegen die Klimakrise.

Atomkraft ist nicht CO2-frei

In Atomkraftwerken werden Unmengen von CO2-intensiver Stahl und Beton verbaut. Auch die Förderung und Aufbereitung des notwendigen Urans erzeugt massenhaft Treibhausgase.

In Wahrheit gibt es keine CO2-freie Energieerzeugung. Das gilt für Atomkraftwerke, für Wasserkraftwerke wie für Windräder oder Solarpanel. Die Frage ist nur, nach welcher Frist diese mehr Treibhausgase vermeiden, als ihr Bau und ihr Betrieb verursachen. In dieser Lebenszeitbetrachtung schneiden Atomkraftwerke zwar besser ab als Kohlekraftwerke oder Verbrennungsmotoren – sie sind aber eben nicht besser sondern schlechter als Erneuerbare Energien.

Atomkraft ist Hochrisikotechnologie

Das inhärente Risiko eines nicht beherrschbaren Unfalls eines Atomkraftwerks hat in Deutschland zu der Risikoabwägung geführt, mit diesem Risiko nicht mehr länger leben zu wollen. Andere Länder wie Österreich und Italien sind deshalb nach Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima nicht eingestiegen. In Zeiten eines global gewordenen Terrorismus und der inzwischen weit verbreiteten  Drohnentechnologie ist das Risiko eines Super-GAUs nicht kleiner sondern größer geworden.

Atomkraftwerke erzeugen Atommüll, den wohl gefährlichsten Müll der Menschheit. Ihn für eine Millionen Jahre sicher zu lagern, ist bis heute nirgends überzeugend gelöst worden. Unter den Bedingungen eines Atomausstiegs ist zwar wenigsten die Menge des zu lagernden Atommülls definiert. Aber auch dann muss für die bloße Entsorgung – ohne Rückbaukosten – rund 170 Milliarden aufgewandt werden. Bei einem Weitebetrieb der Anlagen oder gar dem Neubau von Atomkraftwerken explodieren die Entsorgungskosten.

Atomkraft bringt es nicht

Atomkraft kann fossile Energien wie Kohle, Öl und Gas nicht einfach ersetzen. Heute liefert Atomkraft rund ein Zehntel des Stroms der Welt. Es waren schon mal über 17 %. Betrachten wir den gesamten Primärenergiebedarf der Welt – neben Strom also Wärme und Mobilität – kommt die Atomkraft gerade mal auf 4,4 % – stabil seit 2014

Von einem globalen Boom der Atomkraft außerhalb Deutschlands kann keine Rede sein. Liefen 2006 noch 438 Reaktoren sind es 2019 noch 417 Atomkraftwerke. Diese sind allerdings leistungsstärker. Dennoch kam es 2018 gerade zu einem Anstieg von 2,4 % mehr gelieferten Stroms. Die Windstromproduktion  wuchs im gleichen Jahr um 29 %, die aus Solar um 13 %. Während die Erneuerbaren 156 GW neue Kapazität ans Netz brachten, schaffte die Atomindustrie ganze 9 GW.

Wollte man Kohle, Gas und Öl durch Atom ersetzen, müssten sehr viel mehr neue Atomkraftwerke im Bau sein, als die aktuell 46 im Bau befindlichen. Bei Bauzeiten zwischen 5 und 17 Jahren wird das jedenfalls nichts mit einem schnellen Kohleausstieg und einem Ende des fossilen Verbrennungsmotors.

Atomkraft ist zu teuer

Der Grund für die Wachstumsschwäche der Atomkraft ist simpel. Sie ist nicht wettbewerbsfähig. Während Ausschreibungen für Wind und Sonne in Deutschland inzwischen Preise um die 5 Cent erbringen, gaben deutsche Energieversorger ihre Lizenz zur Errichtung eines Atomkraftwerks in Großbritannien zurück. Das geplante AKW war mit dem damaligen Ausschreibungspreis von 13 Cent für nicht fossilen Strom nicht wirtschaftlich. Die britische Regierung besorgte sich dann eine Ausnahmegenehmigung bei der Europäischen Kommission um das geplante Kraftwerk Hinkley Point über die Laufzeit mit geschätzt 35 Milliarden € zu subventionieren.

In Zeiten, in denen Erneuerbare global neue Gas- und Kohlekraftwerke unterbieten und inzwischen auch mit abgeschriebenen nuklearen Altanlagen konkurrieren können, ist Klimaschutz mit Atomkraft ein milliardenschweres Subventionsgrab.

Atomkraft ist nicht klimakompatibel

Atomkraftwerke sind Grundlastkraftwerke. Um überhaupt rentabel zu werden brauchen sie Betriebszeiten von über 5000 Stunden pro jahre, sie müssen am besten rund um die Uhr laufen. Das erzeugt einen wachsenden Systemkonflikt mit den Erneuerbaren Energien. Bei über 40 % Erneuerbare im Jahresmittel gab es in Deutschland jedes Jahr Tage, an denen mehr als 100 % des Strombedarfs erneuerbar gedeckt werden. Und es gibt Tage mit massiver Unterdeckung. Es bedarf also flexibler Regelungsmechanismen – von Pumpspeichern über Batterien bis Power to X. Atomkraftwerke sind das Gegenteil von flexibel. Gerade das Hochfahren auf volle Leistung ist langsam. Gleichzeitig verschlechtert sich in Zeiten des Überangebots ihre Wettbewerbssituation. Die Grenzkosten werden von den Erneuerbaren bestimmt und gehen gegen Null.

Dieser Konflikt verschärft sich, je näher eine klimaneutrale Vollversorgung durch Erneuerbare rückt. Die heutige Praxis bei Überkapazitäten einfach die Erneuerbaren abzuschalten, hieße die teuren Atomkraftwerke dürfen weiterlaufen und produzieren Atommüll.

Atomkraft – Nein Danke

Mit Atomkraft das Klima zu schützen setzt auf eine Energie, die nicht in der Lage ist, vor 2050 Kohle, Öl und Gas zu ersetzen. Sie schafft nicht kalkulierbare Risiken. Atomkraft ist teurer als alle Alternativen – und sie droht den Ausbau der Erneuerbaren zu gefährden. 

Deshalb gilt gerade beim Klimaschutz: Atomkraft – Nein Danke! 

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