Klimaschutz – Industriepolitik und Krisenprävention

Rede beim SAP-Forum Versorgungswirtschaft

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank  für die Einladung und vielen Dank für die Möglichkeit, dass ich hier bei Ihnen werben darf.

Zukunft des Industriestandorts

Werben möchte ich heute für den Industriestandort Deutschland.

Ich will dafür werben, dass wir nicht den Anschluss an die Weltmärkte verlieren. Global geschehen dramatische Veränderungen.

Vor uns steht eine neue Stufe von Vernetzung. Wir erleben mit Google, Facebook oder Uber neue Geschäftsmodelle, die sich von den alten Großkonzernen grundlegend unterscheiden. Das ist mit dem Schlagwort vom Internet der Dinge nur unvollständig beschrieben.

Dies trifft die deutsche Industrie in ihren Kernbereichen. Und dafür ist der VWs Dieselgate nur ein Vorgeschmack. Die deutsche Autoindustrie hat versucht sich mit alter Technik durch zu schummeln und die Technik von Morgen verschlafen.

Im Moment verliert Deutschland in Zukunftsbranchen immer mehr an Boden.

  • Als ehemaliger Weltmarktführer in der Photovoltaik haben uns China und Japan überholt.
  • In der Automobilbranche haben die deutschen Hersteller die Entwicklungen bei der E-Mobilität verschlafen und sind vor kurzem komplett aus der Batterie-Entwicklung für Elektroautos ausgestiegen.

Beides sind nur zwei Beispiele für Wachstumsmärkte der Zukunft.

Für die Bereiche Fotovoltaik, Wind, Biokraftstoffe, innovative Fahrzeugantriebe, Smart Grids und Speichertechnologien werden jeweils 100 Mrd. Euro Wachstumspotential bis 2020 geschätzt.

Ich möchte dafür werben dass Made in Germany auch in Zukunft noch ein Qualitätsmerkmal bleibt – oder wieder wird.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir uns mit den aktuellen Risiken auseinandersetzen anstatt ängstlich auf eine glorreiche Vergangenheit zu schauen.

Globales Risiko Klimawandel

Eines der größten globalen Risiken ist der Klimawandel.

Wir sprechen bei der drohenden Klimakatastrophe von Unsummen für die Kosten, die sie verursachen kann. Wir sprechen – um Sir Nicholas Stern zu zitieren – über Risiken, zwischen jährlich 5 und 20 % des Bruttosozialprodukts der Welt.

Wir sprechen bei der Klimakrise also über ein wirkliches systemisches Risiko.

Ein Risiko, welches die Grundlagen unseres Wirtschaftens und damit auch die Grundlagen des globalen Finanzsystems in Frage stellt.

Die Folgen des Klimawandels treten nicht in ferner Zukunft auf – wir erleben sie schon heute in wachsendem Maße.

Steigende Meeresspiegel

Vor ein paar Wochen hat die NASA neueste Berechnungen präsentiert. Sie macht klar, dass innerhalb der nächsten 100-200 Jahre der Meeresspiegel um bis zu 2 Metern ansteigen kann. Und zwar im Durchschnitt weltweit.

Besonders stark würde es Asien treffen. Tokio, Shanghai, aber auch Miami Beach droht ein Schicksal wie New Orleans, das schon 2005 unter dem Meeresspiegel lag, als der Hurrikan Kathrina seine Dämme brechen lies.

150 Millionen Menschen leben weltweit aktuell unter 1 m über dem Meeresspiegel. Menschen, für die schon heute absehbar ist, was die Folgen der menschengemachten Klimakrise für sie bedeuten werden.

Diese Berechnungen decken sich mit den traditionell konservativeren Berechnungen des IPCC, des Weltklimarates der Vereinten Nationen.

Und wir reden hier von Folgen des Klimawandels, die sich einstellen, wenn wir das berühmte 2-Grad-Ziel – was eigentlich ein 2-Grad Limit ist – noch erreichen. Aber das ist keineswegs sicher. Bei 4 Grad wird es viel schlimmer.

Klima – Krieg – Flucht

Aber wem das immer noch zu abstrakt ist, der sollte sich das aktuell alles dominierende Thema vor Augen führen – die Flüchtlingsfrage.

Vor drei Tagen erst warnte die Weltbank davor, dass der Klimawandel kann in den nächsten 15 Jahren die Zahl der Armen weltweit um weitere 100 Millionen erhöhen. Man kann über die Zahl streiten.

Die Menschen, die ihre Heimat verlassen, gehen dort weg, weil sie um ihr Leben fürchten müssen und für sich und ihre Familien keine Zukunft mehr sehen.

Die Flüchtlingsbewegungen sind Folgen von Politikversagen.

Deshalb wirft die Klimakrise auch die Frage auf, ob wir weiter in einer- global gesehen – weitgehend friedlichen Welt leben können. Die Klimakrise ist ein Sicherheitsthema.

Und damit ist die Energiewende ein Schlüssel zur Lösung von fundamentalen Sicherheitsfragen.

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Krieg und Klimakrise.

Der Kampf um Ressourcen und der Zugang zu Energie wird immer öfter Grund für fundamentale Auseinandersetzungen in der Welt.

Das hat inzwischen auch ein Land erkannt, das in dieser Frage ja gerne etwas langsamer in der Erkenntnis ist: die USA.

In der offiziellen Roadmap für Anpassungen an den Klimawandel 2014 des Pentagons steht es sehr klar: „Der Klimawandel … ist ein unmittelbares Sicherheitsrisiko für die USA[1].“

Wir können Zusammenhänge zwischen dem Aufstieg des IS, dem Bürgerkrieg in Syrien und der Klimakrise beobachten.

Zwischen 2006 und 2011 gab es die größte Dürre in Syrien in den letzten Jahrzehnten. Die Folgen[2] waren, verbunden mit einem starken Bevölkerungswachstum,

  • Missernten und Trinkwassernot,
  • Getreidepreise verdoppelten sich, Mangelernährung bei Kindern nahm rasant zu
  • den Viehzüchtern starben die Tiere weg – besonders im Nordosten, indem der IS heute besonders stark ist.
  • Knapp 1,5 Millionen Menschen flohen in die Städte.

Dort trafen diese Klimaflüchtlinge auf Flüchtlingen aus dem benachbarten Irak, mit denen sie um Nahrung und Unterkunft konkurrierten

Das war das Umfeld, in dem sich offenbar viele Menschen in Syrien radikalisierten.

Die Klimafrage ist natürlich nicht alleiniger Grund gewesen – dazu kommen Fragen von bad governance und Misswirtschaft – aber sie war ein „Bedrohungsmultiplikator“, wie es im Pentagon-Bericht genannt wurde.

Wer Fluchtursachsen bekämpfen will, wer dem Terrorismus einen Brandbeschleuniger entziehen will, der muss energisch die Klimakrise bekämpfen.

Klimaschutz ist aktive Friedenspolitik.

Der Erhalt des Friedens ist aber eine Grundlage allen Wirtschaftens.

Paris

Für den Klimaschutz ist 2015 auch deshalb von überragender Bedeutung.

Dieses wird deutlich, betrachten wir die Unterschiede zwischen der Klimakonferenz in Paris und denen vor zehn Jahren, zwischen dem Kyoto-Protokoll und einem Abkommen von Paris.

Was wird anders als in jenem Protokoll, das 1997 die Umweltministerin Merkel verhandelte, das ich 2001 zur Ratifizierung brachte und das dann 2005 in Kraft trat und dem, was uns im Guten oder im Schlechten in Paris erwartet?

  • Kyoto war ein Abkommen, welches Reduktionen der tradierten Industrienationen – ohne die USA –
  • Paris wird die USA aber eben auch die wachsend zum Klimawandel beitragenden Schwellenländer wie China, Indien oder Brasilien
  • Kyoto beruhte auf verhandelten, völkerrechtlich verbindlichen, sanktionierbaren Reduktionszielen.
  • Paris wird sich auf Reduktionsbeiträge der einzelnen Vertragsstaaten stützen, welche einem internationalen Monitoringprozess

Anders gesagt:

Paris umfasst mehr Staaten und damit mehr Emissionen als Kyoto, ist aber weniger verbindlich.

Politisch gibt es noch einen wesentlichen Unterschied. Es sind völlig neue Rahmenbedingungen.

  • Kyoto wurde möglich aufgrund einer klaren Vorreiterrolle Deutschlands und Europas. Es wurde mit Duldung Chinas aber gegen die USA und gegen Indien in Kraft gesetzt.
  • Paris wird ein Ergebnis haben, obwohl Europa mit Deutschland mittlerweile im Bremserhäuschen sitzt, weil die USA und China auf Klimaschutz setzen.

Das ist eine optimistische Prognose. Von der bin ich überzeugt,  obwohl ich weiß, dass die Reduktionsbeiträge der einzelnen Staaten in Paris nicht ausreichen werden, den Anstieg des globalen Klimas um mehr als 2 °C gegenüber der vorindustriellen Zeit zu vermeiden.

Paris begrenzt vielleicht auf 2,5 bis 3 °C.

Aber es gibt ein weiteres Problem: Carbon Bubble

Rechnet man das Zwei-Grad-Ziel des Klimaschutzes in die Menge an CO2 um, die wir global überhaupt noch ausstoßen können, dann kommt man auf ein »Budget« von rund 565 Gigatonnen CO2– Stand heute (bzw. 2011)[3].

In den heute bekannten förderbaren fossilen Rohstoffen stecken aber rund 3000 Gt.

Das heißt,  wir dürfen heute nur noch gut ein Fünftel der heute förderbaren Reserven an Öl, Gas und Kohle verfeuern.[4]

Ein Ende der fossilen Ökonomie wird nicht automatisch über die Knappheit und den Preis herbeigeführt. Wir brauchen dafür andere politische Rahmenbedingungen.

Auch um gigantische Fehlinvestitionen zu verhindern.

So will etwa der Iran nach dem Ende der Sanktionen 185 Mrd. $ in seine Gas- und Ölindustrie investieren. Vorneweg dabei sind Österreicher ebenso wie deutsche und französische Unternehmen.

Denn in den 3.000 Gigatonnen steckt bereit heute sehr, sehr viel Geld. 7 Billionen Dollar sind der Wert für fossile Rohstoffe (im Energiebereich), die in den Büchern der 100 größten gelisteten Unternehmen weltweit stehen. Hinzukommen noch einmal mehr als das doppelte in privatem Besitz. Das entspricht im Umfang alles in allem ungefähr 25% des weltweiten BIP.

Wenn wir davon aber nur ein Fünftel verbrennen dürfen, dann sind diese Billionen Dollar totes Kapital.

Das ist der Carbon Bubble, der viele Unternehmen zu massiven Abschreibungen zwingen wird.

Investitionssicherheit

Investitionssicherheit ist die zentrale Erwartung von Unternehmen an ein politisches System. Von Seiten von Unternehmen wird an den Gesetzgeber und die Regierung zurecht die Erwartung gestellt, für ihre Tätigkeit berechenbare Rahmenbedingungen zu setzen.

Das gilt nicht nur für globale Risiken. Es gilt auch für das Design der jeweiligen Märkte.

Und hier gilt: Berechenbarkeit ist die Grundlage für Investitionssicherheit.

Allein, Berechenbarkeit muss auch gewollt sein.

Schauen wir uns den deutschen Energiemarkt an.

Im Jahr 2000 schuf die damalige Bundesregierung im Konsens mit den Großen Energieversorgungsunternehmen die Grundlage für die Energiewende.

  • Man vereinbarte den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis ungefähr 2022 und schrieb diesen gesetzlich fest.
  • Man setzte auf den Ausbau Erneuerbarer Energien, wollte bis 2020 20 % des Stroms erneuerbar erzeugen und öffnete mit dem EEG auch für die Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit am beginnenden Boom der Erneuerbaren teilzuhaben.

Wir nannten es Energiewende. Es war ein bis ins zweite Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zielender Rahmen, der Berechenbarkeit schuf.

Doch erstaunlich. Diese Berechenbarkeit war gar nicht gewollt.

Kaum unterschrieben, begannen die Unternehmen dagegen zu lobbyieren. Wäre der Atomkonsens nicht Gesetz gewesen, er wäre schon 2005 gekündigt worden.

So dauerte es fünf weitere Jahre bis der Ausstieg aus dem Ausstieg kam. Ein Jahr später kam dann der Ausstieg aus dem Ausstieg vom Ausstieg. Und so war man 2011 wieder da, wo man 2000 schon mal war.

Es war nicht die Politik die verlässliche Rahmenbedingungen hintertrieben hatte.

Am Rande, es gibt weder die Politik, noch die Wirtschaft.

Dennoch gab es natürlich in der Branche einen Korpsgeist, der fast alle hinter der Kampagne gegen die Energiewende sich versammeln ließ. (Leise Ausnahme war EnBW bei Novelle des EEG 2002.)

Damit sind wir bei den Problemen der großen Energieversorger von heute. Und das hat weniger mit Kampagne zum Ausstieg aus dem Ausstieg zu tun. Sondern mit schweren Fehlern in ihrer Unternehmensstrategie.

Da liegt die Ursache warum RWE, E.on, Vattenfall und EnBW heute in schweren Zeiten sind.

Bei SPIEGEL Online war vor einem halben Jahranlässlich der RWE Bilanzpressekonferenz zu lesen „Lasst die großen Energieversorger sterben.“

Mir geht die Schadenfreude über die Krise bei den großen Unternehmen ab.

Aber Tatsache ist: Die Großen Vier haben massiv Marktanteile verloren. Sie hatten im Jahr 2002 noch einen Marktanteil von 87 %.  Heute beträgt der Marktanteil bei den Großkunden nur noch 34 %.[5] Bei allen sind die Schulden deutlich gewachsen und bei den börsennotierten die Kurse schwer gefallen.

Heute wird deutschlandweit fast ein Drittel des Stroms erneuerbar produziert. Dieses Drittel ist ziemlich konzernfrei, es gehört Bauern, Bürgergenossenschaften, Stadtwerken und den Einlegern von Fonds.

Das größte Problem der Großen Vier war nicht die Atomkraft-Obsession. Ihr arroganteste Fehler war: sie ignorierten die Erneuerbaren Energien.

Vor 15 Jahren öffneten Wirtschaftsminister Werner Müller und ich das EEG auch für sie. Vorher waren die Großen Vier von der Einspeisevergütung ausgenommen. Doch sie weigerten sich über zehn Jahre, diese Möglichkeit zu nutzen.

Ich habe 2011 einen Vorstandsvorsitzenden gefragt, warum das so sei. Seine Antwort: Das angeblich „übersubventionierte“ EEG bietet nicht die gewohnte Kapitalrendite von 15 %. Die Großen Vier waren von Kohle und Atom ganz andere Margen gewohnt.

Gordon Gekkos Maxime aus Wall Street Gier ist gut hat sich hier als falsch erwiesen.

Gier ist blöd. Die Marktposition der großen Vier wurde massiv untergraben.

Gestern gab E.on einen Verlust von 5,6 Mrd. €  bekannt. Schon im letzten Jahr mussten Milliarden aufgrund einer Neubewertung des europäischen Kraftwerkparks abgeschrieben werden. Nun folgen über 8 Mrd. Abschreibungen auf den hiesigen fossilen Kraftwerkspark. Grund, die Strompreise haben sich in den letzten vier Jahren halbiert.

Erneuerbare lassen die Strompreise sinken.

Jetzt versuchen die Vier Großen gegenzusteuern. Spät – vielleicht zu spät. Aber wenn sie wieder zurückwollen auf die Konsolidierungsstraße, dann müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

Rahmenbedingungen

Diese verändern sich deutlich, international, in Europa und hier in Deutschland.

Euratom?

Manche glauben ja an eine Renaissance der Atomenergie – obwohl seit Jahren die Zahl der Atomkraftwerke in Europa rückläufig ist und nicht ansatzweise Investitionen vorhanden sind, den Bestand zu wahren.

Dies hat vor allem ökonomische Gründe:

  • Atomkraft ist nicht wettbewerbsfähig
  • Atomkraftwerke sind Milliardengräber für Subventionen aus Steuergeldern

Schauen wir uns Deutschland an. Hier sind über 150 Milliarden Euro Subventionen über die Jahre in die Atomkraft geflossen. Nun ist es eine schwierige Aufgabe die 37 Milliarden + X zu sichern, die nach dem Verursacherprinzip, diejenigen aufzubringen haben, die über Jahre damit viele Milliarden verdient haben.

Atomkraft erweist sich als sehr, sehr teuer.

Die Energiewende ist der Ausweg aus diesem teuren Irrtum.

Es gibt aber Länder, die stemmen sich dagegen. Schauen wir nach Großbritannien:

Die britische Regierung will einem Atomkraftwerk – Hinkley Point C – über 35 Jahre eine Abnahmegarantie in Höhe von 11 Cent pro KWh zahlen. Das sind fast 3 Cent mehr, als Sie im Moment für Fotovoltaikstrom auf der Freifläche in Deutschland bekommen. Und gut dreimal soviel wie der aktuelle Marktpreis. Gesamtsubventionen für ein Atomkraftwerk: 22 Milliarden Euro – plus Inflationszuschlag.

Das nenne ich Staatskommunismus – organisiert von einer neoliberalen Regierung.

Aber wie beim Staatskommunismus im Osten wird es auch hier sein. Großbritannien wird den Niedergang der Atom-Technologie nicht aufhalten, davon bin ich überzeugt.

Stellen wir uns also besser auf die Seite derer, die an einer Zukunft ohne Atomstrom – und ohne fossile Energien arbeiten.

Europa

Da kommt es auf Europa an. Wir müssen uns aber von einer Lebenslüge verabschieden.

Es kann keine europäische Klimapolitik mit einem nationalen Energiemix geben.

Spätestens mit den drei 20/20/20-Zielen für CO2-Reduktion, Anteil der Erneuerbaren an der Primärenergie und die Energieeffizienz bis 2020 muss von einer europäischen Energiepolitik gesprochen werden.

Mit 30/27/27 für 2030 wurde diese fortgeschrieben – leider nicht in der Verbindlichkeit der 2020-Ziele.

Zu den drei Prioritäten der Juncker-Kommission gehört zudem eine Energie-Union, die aber aktuell bloß eine Gasunion – genauer eine Gasdiversifizierungs-Union – ist.

Sie stößt bei den Mitgliedstaaten auf Widerspruch. Diese berufen sich darauf, dass der Energiemix nationale Kompetenz sei.

Der nationale Energiemix ist Makulatur.

  • Wollen wir unsere Abhängigkeit von Energieimporten vermindern und nicht bloß diversifizieren, müssen wir in Europas Gebäuden die Energieverschwendung reduzieren. 3 % jährliche Bestandssanierung erspart allein in Deutschland bis 2030 400 GW, das ist die Menge der jährlichen Importe aus Russland. Blockiert zur Zeit von Crazy-Horst Stattdessen wird North-Stream ausgebaut
  • Europa wird seine 2030 Ziele beim Klimaschutz nicht erreichen, ohne eine deutliche Reduktion der Kohleverstromung – das greift in den nationalen Energiemix nicht nur Deutschlands sondern auch Polens ein.
  • Ein Primärenergieanteil von 27 % Erneuerbar kann nur erreicht werden, wenn der Strom zu gut 40 % erneuerbar erzeugt wird. Damit ist der Betrieb großer Grundlastkraftwerke nicht vereinbar. Das trifft den Strommix in Frankreich – 70 % nuklear – wie in Deutschland – 50 % Kohle.

Machen wir uns ehrlich.

Wir brauchen eine europäische Energiepolitik, aufbauend auf den 2030-Zielen.

Und sie heißt in der Konsequenz. Wir müssen raus aus der Kohle.

Deutschland

Ist Deutschland dafür gut aufgestellt?

Ich finde es war schon mal besser aufgestellt.

  • Hier werden seit einem Jahrzehnt 20 Mrd. jährlich in neue Stromerzeugungsanlagen investiert.
  • Mit dem Betrieb dieser Anlagen setzen Stadtwerke, Genossenschaften, Fonds, Landwirte jährlich 15 Mrd.
  • Wir sparen dadurch über 10 Mrd. Energieimporte
  • Wir schufen bis zu 400.000 Arbeitsplätze[6]. Nachdem die Solarindustrie aus Deutschland vertrieben wurde – Deindustrialisierung durch Schwarz-Gelb – sind es noch- so der Wirtschaftsminister – 370 000.

Der vor 14 Jahren beschlossene Atomausstieg samt der Einstieg in die Erneuerbaren war die die Voraussetzung für das Entstehen einer völlig neuen, wettbewerbsfähigen Industrie in Deutschland.

Wo stehen wir heute?

Die Große Koalition konzentriert sich darauf, die Energiewende auszubremsen, durch Sonnensteuer, durch Ausschreibungen. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem Erneuerbare Energien global boomen.

Im letzten Jahr wurde global erstmals mit 143 GW mehr erneuerbare Stromerzeugung neu installiert als fossile. Und die Wachstumsprognose für 2015 lautet global plus 37 %.

Und das, ob wohl, so der World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur, fossile Energien global viermal so hohe Subventionen erhalten wie Erneuerbare. Und das in Zeiten niedriger Öl- und Gaspreise.

Deshalb war es strategisch falsch, den Klimabeitrag, den Sigmar Gabriel geplant hatte, zu kippen und durch eine – nicht Binnenmarkt-konforme – Subvention zu ersetzen.

Für alle RWE-Kraftwerke, die in die Reserve gehen – das sind ungefähr 1.500 Megawatt Leistung  – bekommt das Unternehmen 800 bis 900 Millionen Euro.

Vattenfall erhält rund 700 Millionen Euro für zwei Blöcke des Kraftwerks Jänschwalde. So bezahlt der deutsche Steuerzahler also den Ausstieg Vattenfalls aus der Braunkohle. Und die Kosten für die Renaturierung der Lausitz kommen in absehbarer Zeit ebenfalls noch dazu – denn dafür gibt es keine Rückstellungen.

Während fossile Energien gefördert werden, werden Erneuerbare ausgebremst.

  • Ausschreibungen
    Mit dem Ausschreibungsmodell werden die eigentlichen Träger der bisherigen Energiewende – also Bürgergenossenschaften und kleine Kraftwerke – in Zukunft wahrscheinlich aus dem Markt gedrängt.
  • Strommarkt
    Und deshalb ist auch das Strommarktdesign zu hinterfragen. Wir haben keinen Kapazitätsmarkt – aber seit Kurzem eine Kapazitätsreserve. Wir haben künftig Ausschreibungen für Solar wie Wind, On-Shore wie Off-Shore – aber verzichten darauf, kleine Anlagen auszunehmen.

Anders gesagt:

Das Ganze riecht danach, die großen Unternehmen zu pampern und die kleinen Unternehmen zu bremsen.

Das ist Industriepolitik des letzten Jahrhunderts. Manche sagen auch, es wäre typisch sozialdemokratisch. Aber die CDU sieht das nicht anders.

Chance Energiewende nutzen

Subventionen für Kohle und Bremse für Erneuerbare ist ungefähr so klug wie Steuervorteile für Diesel aber keine Förderung für Elektroautos.

Beides gefährdet den Industriestandort Deutschland von Morgen.

Wir sollten stattdessen die  Energiewende als echte Chance begreifen:

  • Erneuerbare, Energieeffizienz und Energieeinsparung schaffen Jobs und Wertschöpfung.
  • Sie sichern den Industriestandort Deutschland
  • Und nicht zuletzt brauchen wir sie als Beitrag zum Klimaschutz und damit zu einer Friedenspolitik, die Menschen überall auf der Welt eine lebenswerte Heimat sichert.

[1]              http://www.cfr.org/climate-change/department-defense-climate-change-adaptation-roadmap-2014/p33607

[2]              http://www.spektrum.de/news/wie-der-syrische-buergerkrieg-mit-dem-klimawandel-zusammenhaengt/1335050

[3]              Lt. PIK standen für 2000-2050 886 GtCO2 zur Verfügung, inzwischen (Stand 2011) sind es noch 565 GtCO2.

[4]              http://www.carbontracker.org/wp-content/uploads/2014/09/Unburnable-Carbon-Full-rev2-1.pdf (Seite 6)

[5]              Die Zukunft der großen Energieversorger, Greenpeace-Studie: http://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/zukunft-energieversorgung-studie-20150309.pdf

[6]              http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/B/bericht-zur-bruttobeschaeftigung-durch-erneuerbare-energien-jahr-2013,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

 

Verwandte Artikel

Kommentar verfassen

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld