Klimaschutz und Mobilität

2012 wurden in China mehr als 13 Millionen Autos neu zugelassen, mehr als in Europa, wo der Auto-Absatz um eine Million gesunken ist. Allein in Peking ist die Zahl der Autos seit 2000 von 1,5 auf 5 Mio. Fahrzeuge angestiegen. China hat Europa auch in der Automobilproduktion überholt. Damit wird weltweit jedes vierte Auto in China gebaut werden.

1 Klimawandel

Was bedeutet dies für die deutsche Autoindustrie?
Bisher ist dies eine große Chance für die deutsche Autoindustrie. Deutsche Konzernmarken konnten ihren Marktanteil in China in 2012 sogar um 2 Prozentpunkte auf 22 Prozent ausbauen. Volkswagen hat jüngst angekündigt weitere Werke in Kooperation mit chinesischen Partnern zu bauen.
Aber wird China auf Dauer das Eldorado der deutschen Autoindustrie bleiben? Klar ist: Die rasante Motorisierung Chinas und anderer Schwellenländer wird dauerhaft nicht auf der Basis konventioneller Technik erfolgen können.
In Peking ist die Luftverschmutzung unerträglich, obwohl die Industrieabgase abnehmen und man auf elektrisch angetriebene Zweiräder setzt, trägt der Verkehr massiv zur Luftverschmutzung der Städte bei. Nicht nur in Europa in China und gerade aktuelle auch in den USA gewinnt der Klimaschutz wieder an Bedeutung.
Heute morgen haben wir im Deutschen Bundestag 8 Mrd. neue Kredite genehmigt um die Folgen des jüngstem Jahrhunderthochwasser in Deutschland zu bezwahlen. Angesichts der weltweiten Zunahme von Starkwetterereignissen mit Stürmen, Überschwemmungen und anderen Naturkatastrophe rückt zunehmend ins Bewußtsein, dass Nicolas Stern recht hatte, als er errechnet hat, dass beim Klimaschutz Nichtstun deutlich teurerer wird, als die Kosten für die Begrenzung der Klimaerwärmung.
Nach einer Reihe von Jahren, in denen die Treibhausgasemissionen in Deutschland immer gesunken sind, war dies letztes Jahr erstmals nicht der Fall. Sie stiegen um 1,6 %. Obwohl so viel Erneuerbarer Strom wie noch nie produziert wurde, laufen die Kohlekraftwerke Tag und Nacht. 15 % mehr Kohlestrom – begünstigt durch eine Zertifikateschwemme ließen alte ab geschriebene Kraftwerke rund um die Uhr laufen, drängen Gaskraftwerke aus dem Markt und lassen die EEG-Umlage steigen – und treiben die Treibhausgase in die Höhe. Nichts die Bundesregierung um dieser Entwicklung gegenzusteuern.

2 Klimaschutz im Verkehr

Klimaschutz darf sich aber nicht auf den Strombereich und die Wärmedämmung beschränken. Klimaschutz ist nur möglich, wenn der Verkehr endlich zu sinkenden CO2-Emissionen beiträgt, anstatt als einziger Sektor in der EU immer noch mehr CO2 auszustoßen. Das Ziel des Weißbuch Verkehr der EU-Kommission lautet, im Verkehr bis 2050 die CO2-Emissionen um 60% zu reduzieren – und dies bei steigendem Verkehrsaufwand, insbesondere im Güterverkehr.
Das Ziel ist ehrgeizig, offensichtlich zu ehrgeizig für die Bundesregierung, die es in ihrer gerade vorgelegten Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie schlicht unterschlägt, geschweige denn eigene CO2-Ziele für den Verkehrssektor vorlegt.
Lange wurde die Endlichkeit der Ressourcen, wie die bevorstehende Verknappung von Erdöl als Argument für ein Umsteuern in der Energie- und Verkehrspolitk angeführt.
Mit dem Fracking als neuer Fördertechnik schien diese These in Frage gestellt. Die Preise von Erdgas sind in den USA stark gefallen und selbst die Rohölpreise haben nachgegeben.
Es zeigt sich aber bereits deutlich, dass die Hoffnung auf einen neuen Boom überzogen waren. Die Fördermengen steigen nicht mehr und zahlreiche Lagerstätten sind bereits erschöpft.
Öl bleibt eine
endliche Ressource, die zudem viel zu kostbar, als sie innerhalb weniger Jahrzehnte zu erschöpfen.

3 Elektromobilität

Das hat nicht zuletzt China erkannt, das mittlerweile pro Jahr fast 500 Mio. Tonnen Öl importieren muss, davon ein Drittel für den Verkehr mit stark steigender Tendenz. China hat daher das ehrgeizige Ziel, schon in 3 Jahren 500.000 rein batterieelektrische Fahrzeuge im Bestand zu haben. China hat schon bei der Zweiradmobilität gezeigt, wie es mit harten ordnungspolitischen Maßnahmen Technologiepolitik macht. Durch das Verbot von Zweirädern mit Verbrennungsmotoren entstand praktisch über Nacht ein riesiger Markt für Elektro-Zweiräder, den China jetzt dominiert.
Was heißt dieser Befund für Deutschland und seine Autoindustrie?
Sie wird langfristig nur überleben, wenn sie Technologieführerschaft auch bei den neuen Antrieben erreicht, vor allem bei der Elektromobilität im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien.
Elektromobilität mit erneuerbaren Energien hilft nicht nur die Treibhausgasemissionen des Verkehrs nachhaltig zu senken. Sie ist auch ein intelligenter Baustein für die Energiewende, indem Batterien als Energiespeicher Lastkurven in der Stromnachfrage ausgleichen kann.
Technologisch geht es gerade spannend zu in der deutschen Autoindustrie:

  •  Daimler setzt nach wie vor auf die Brennstoffzelle, auch wenn die Einführung einer Kleinserie gerade wieder um zwei Jahre nach hinten verschoben wurde.
  • Volkswagen sieht die Zukunft vor allem in Plug-In-Hybriden, die noch konventionell fahren aber schon externe elektrisch geladen werden können.
  • Und BMW geht gerade das vielleicht größte Wagnis seiner Unternehmensgeschichte ein, indem es mit dem i3 ein vollkommen neues Elektroauto konstruiert hat, das erstmalig auch weitgehend aus Carbonfaser hergestellt wird.

Ob sich Wasserstoff, dessen Erzeugung mit erneuerbarem Strom 3-4mal ineffizienter ist als die direkte Batteriespeicherung, als Langfristspeicher durchsetzen wird, ist eine offene Frage.
Es ist gut, dass es diesen Technologiewettbewerb gibt, denn andere schlafen nicht. Es entstehen auch völlig neue Akteure, wie Tesla Motors in Kalifornien, an denen u.a. auch Daimler und Toyota beteiligt sind. Lange als Bastelklitsche verhöhnt, greifen diese jetzt mit ihrem „Model S“ – einem reinen Elektroauto mit einer Reichweite bis zu 500 km – die deutschen Platzhirsche in der Oberklasse an. Auch wenn seine Splatmasse bei Piech und Winterkorn nicht akzeptiert würden.
In den USA wurden im ersten Quartal 2013 mit 4.750 Model S mehr verkauft, als Mercedes S-Klasse und Audi A 8 zusammen! Tesla ist so erfolgreich, dass es einen Millionenkredit des Staates vorfristig zurückzahlen konnte und erstmalig sogar Gewinne ausweist.

4 Vebrauchsobergrenzen

Eine große Chance wurde gerade vertan. Auf Druck des VDA hat Deutschland die Verabschiedung neuer Verbrauchsobergrenzen blockiert.
Das ist nicht nur umweltpolitisch fragwürdig. Es ist ein industriepolitisches Eigentor. Merkels Klientelpolitik verhindert eine Innovationsstrategie.
Denn durch den Verzicht auf die Nennung eines ambitionierten Folgegrenzwerts für 2025. Ambitionierte CO2-Grenzwerte sichern die Technologie¬¬führerschaft für die Antriebe von morgen.
Der Aufschub bei der Grenzwertfestlegung schadet nicht nur dem Klimaschutz, er kann sich auch industriepolitisch noch bitter rächen. Denn wenn andere Weltregionen – insbesondere China und Südostasien – bei der Elektrifizierung des Automobils schneller vorankommen, werden sie durch scharfe Grenzwerte Technologiepolitik machen – zum Nachteil der europäischen Hersteller, die im Heimatmarkt nicht genügend gefordert wurden.
Dabei ist man der Industrie weit entgegen gekommen. Die Mehrfachanrechnung („Supercredits“) von besonders emissionsarmen Fahrzeugen wie Elektroautos führt dazu, dass die 95 g/cm von 2020 auf 2023 verschoben werden. Diesen Effekt hätte man ausgleichen können, indem man das
Durchschnittsziel absenkt. Wir hatten vorgeschlagen, statt auf 95 g/km auf einen CO2-Grenzwert von 80 g/km in 2020 zu gehen.
Volkswagen hat es vorgemacht. Im März 2012 hat Prof. Winterkorn angekündigt, dass alles Konzernmarken im Jahr 2015 im Durchschnitt 120 g/km ausstoßen werden. Das sind 12 Gramm weniger als Volkswagen schaffen müsste.
Und zum Beginn des diesjährigen Genfer Autosalons hat Volkswagen gegenüber Greenpeace bekräftigt, den derzeit diskutierten Grenzwert von 95 g/km bis 2020 ohne wenn und aber erfüllen zu wollen. Vielleicht landet Volkswagen real dann ja dann in 2020 bei den 80 g/km, die wir Grüne fordern und verzichtet heute auf den Wettbewerbsvorteil, den ambitionierte Grenzwerte für Technologieführer bedeuten.
Ein ambitionierteres Ziel für 2020 inklusive Supercredits und die Festlegung eines Ziels für 2025 von 60 g/km, das wäre ein langfristig angelegtes Arbeitsplatzsicherungsprogramm für die deutsche Autoindustrie gewesen.
Es wäre eine klare Ansage gewesen, dass die Autoindustrie sich auf den Weg zum Nullemissionsauto machen muss.
Nun wird sich wiederholen, was wir beim Katalysator und beim Partikelfilter erlebt haben. Anstatt Technologieführer zu sein, überließ man dies lieber anderen Herstellern und sorgte über die Bundesregierung dafür, dass man möglichst lange veraltete schmutzige Technik verkaufen kann. Diese Strategie ist damals gerade noch einmal gut gegangen, aber auch nur knapp. Bei der Elektromobilität wird diese Strategie nicht ziehen.
Wer hier den Anschluß verliert wird am Ende den Markt verlieren. Und die deutschen Hersteller sind leider dabei viel dafür zu tun.

5 Rahmenbedingungen

Was hat die Merkel-Regierung sonst im Bereich Elektromobilität geleistet?
Trotz der guten Arbeit der „Nationalen Plattform Elektromobilität“, in die die Industrie viel Know-How und übrigens auch viele tausend bezahlte Arbeitsstunden eingebracht hat, ist die Bilanz der Merkel-Regierung wie in so vielen Bereichen auch bei der Elektromobilität doch eher ernüchternd.
Die vier großen Schaufenster-Projekte konnten zunächst nicht richtig loslegen, weil das Geld aus dem Emissionshandel in den Energie- und Klimafonds und dann unter anderen in die Förderung der Elektromobilität fließen sollte.
Eine Zukunftstechnologie auf einer schwankenden Finanzierungsbasis aufbauen zu wollen, ist nie eine gute Idee. Wir werden daher den Energie- und Klimafonds abschaffen und wieder für eine verlässliche Finanzierung der Elektromobilität sorgen.
Und seit Monaten streiten sich das Umwelt- und das Verkehrsministerium, ob die im Regierungsprogramm Elektromobilität schon im Mai 2011 beschlossene Kennzeichnung von Elektrofahrzeugen mit einer blauen Plakette oder mit einem blauen Nummernschild erfolgen soll. Diese Kennzeichnung ist Voraussetzung dafür, dass Kommunen Elektromobilität durch Benutzervorteile fördern können, z.B. durch für solche Fahrzeuge reservierte Parkplätze.
Bei den finanziellen Anreizen hat der Bund eine Verdopplung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge von 5 auf 10 Jahre beschlossen. Hört sich erst mal gut an. Wenn man aber weiss, dass ein moderner Benziner mit einem 1,4 Liter-Motor und einem CO2-Ausstoß von 120 g/km gerade einmal 28 Euro Kfz-Steuer im Jahr bezahlt, dann relativiert sich der Vorteil doch stark. Wegen 140 Euro Steuervorteil über 5 Jahre kauft keiner ein Elektroauto.
Rund 60% aller Neuzulassungen sind Dienstwagen. Wir wollen die Besteuerung von Dienstwagen nicht revolutionieren, sondern lediglich um eine ökologische Komponente anpassen, so wie es in Ländern wie Belgien, Frankreich, Luxemburg und Großbritannien längst der Fall ist. Dort können Kosten für Spritschlucker nicht, oder nur begrenzt als Betriebsausgaben abgesetzt werden.
Wir Grüne wollen hingegen eine steuerliche Besserstellung privat genutzter Dienstwagen mit einem CO2-Ausstoß unter 60 Gramm pro Kilometer bis 2015.
Und wir wollen das Dienstwagenprivileg auf die Obergrenzen bezogen deckeln. Wer darüber ausstößt, kann sich diesen Anteil
nicht mehr als Betriebskosten absetzen.
Das ist übrigens keine Kampfansage an große und schwere Autos aus deutschen Landen, da auch ein 7er BMW oder einer S-Klasse z.B. als Plug-In-Hybrid diese Werte einhalten können.
Im Gegenteil so wachsen solche Innovationen von oben nach unten durch.
Aber bis sich diese Position im VDA durchsetzt, wird es wohl noch ein bißchen dauern. Und deshalb hat es die Elektromobilität in Deutschland so schwer.

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