Anlässlich der beginnenden Invasion der Türkei in Nord-Syrien habe ich die Bundesminister des Äußeren und der Verteidigung aufgefordert, vor der anstehenden Tagung der parlamentarischen Versammlung der NATO klar zustellen, das dieses Vorgehen in der NATO nicht unterstützt wird. Hier der Brief:
Sehr geehrter Frau Bundesministerin, sehr geehrter Herr Bundesminister,
als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO (NATO-PV) reise ich am Freitag zur Herbsttagung nach London. Die diesjährige Versammlung findet in einer brisanten Lage statt.
Die NATO wird von den Plänen für einen Militäreinsatz des NATO-Mitglieds Türkei in Nordsyrien auf eine schwere Belastungsprobe gestellt. Kam es schon in der Vergangenheit zu militärischen Spannungen zwischen NATO-Partnern – den USA und der Türkei – so droht nun mit einer erneuten türkischen Invasion in Syrien eine weitere Eskalation. Ich möchte Sie bitten, im Vorfeld der Jahrestagung die deutsche Haltung in dieser Sache unmissverständlich klar zu machen.
Ich gehe davon aus, Sie teilen die Einschätzung, dass eine solche Intervention völkerrechtswidrig wäre. Sie würde darüber hinaus die Region weiter destabilisieren und wohl auch neue Fluchtbewegungen auslösen.
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um auf den NATO-Partner Türkei einzuwirken, diesen völkerrechtswidrigen Einsatz zu unterlassen? Welche Konsequenzen wurden der Türkei im Rahmen der NATO aufgezeigt, die ein solcher Verstoß gegen das Völkerrecht haben würde?
Ist der Türkei deutlich gemacht worden, dass sie sich für den Fall eines solchen völkerrechtswidrigen Vorgehens nach Auffassung der Bundesregierung nicht auf die NATO-Beistandspflicht nach Artikel V des NATO-Vertrags berufen kann? Ist ihr klar gemacht worden, dass sie in einem solchen Fall nicht mit Unterstützung durch Deutschland und die NATO rechnen kann?
Wie will die Bundesregierung im Falle einer türkischen Offensive in Nordsyrien verhindern, dass Luftaufklärungsbilder der Bundeswehr, die im Rahmen des NATO-Einsatzes in der Region erstellt wurden, von der Türkei für ein Vorgehen gegen syrische Kurden benutzt werden?
Die NATO feiert in diesem Jahr ihr 70. Jubiläum. Sie hat sich in ihrer Geschichte nicht nur als Militärbündnis, sondern als eine politische Wertegemeinschaft verstanden – auch wenn die Geschichte hiervon Abweichungen kennt. Aber es ist mit den Grundvorstellungen eines Systems kollektiver Sicherheit nicht zu vereinbaren, dass ein Mitgliedstaat nach der Invasion in Afrin erneut völkerrechtswidrig auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates interveniert. Dies darf für das NATO-Mitglied Türkei nicht ohne Folgen bleiben.
Ich bitte Sie um eine Stellungnahme vor Beginn der NATO-PV Jahrestagung am Freitag, 11. Oktober 2019.
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