Rede zur Haushaltswoche: Jürgen Trittin zum Einzelplan 05 (Auswärtiges Amt)

Plenarrede vom 06.09.2023

Meine Rede im Wortlaut, es gilt das gesprochene Wort:

 

Meine Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin,

Außenpolitik steht oft nicht im Mittelpunkt der Alltagssorgen von Menschen. Doch es gibt Daten, die schlaglichtartig die Aufmerksamkeit aller finden. Das sind Daten wie der 24. Februar. Oder der 11. September. Daten mit Folgen für Jahrzehnte.

Am 24. Februar 2022 eskalierte Russland seinen Krieg gegen die Ukraine zu einem offenen Aggressionskrieg. Dieser Krieg bedeutet nicht nur das Ende der seit 1972 bestehenden Friedensordnung in Europa.

Die Rückkehr des Eroberungskrieges stellt die gesamte internationale Ordnung auf der Basis des Völkerrechts in Frage. Dieser Herausforderung hat sich deutsche Außenpolitik in den vergangenen zwei Jahren gestellt.

Annalena Baerbock hat die großkoalitionäre Naivität gegenüber Russland beendet. Putin ist kein Stabilitätsanker, sondern ein Spoiler und Verbrecher. Wohlstand und Sicherheit können nicht auf Dauer auf billiges russisches Gas gegründet werden.

Wir haben uns in Jahresfrist von russischen fossilen Importen abgekoppelt. Wir sind zum zweitgrößten Lieferanten von Waffen für die Ukrainenach den USA geworden.

Zum ersten Mal hat eine Bundesregierung unter der Federführung von Annalena Baerbock eine Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt. Sicherheit heute heißt wehrhaft, resilient und nachhaltig zu handeln. Annalena Baerbock hat deutsche Außenpolitik auf eine realistische Grundlage gestellt. Sie hat die Naivität gegenüber China beendet. Den frommen Wunsch, dass Handel demokratischen Wandel schafft, teilen wir nicht länger.

Dafür gibt es eine neue China Strategie. China ist Partner, aber auch – zunehmend unfairer – Wettbewerber und systemischer Rivale. Das ist keine Absage an Handel und Investitionen – aber wir tun dies in dem Wissen „All business in China is politics“.

Die Außenministerin arbeitet an einer neuen Klimaaußenpolitik Strategie. Angesichts der Brände und Fluten auf den Globus kann es keinen Zweifel geben – die Verursacher der Klimakrise müssen für Schäden und Verluste aufkommen.

Das hat Annalena Baerbock auf der letzten Weltklimakonferenz durchgesetzt. Die nächste findet in Dubai statt.

Wir wollen in Dubai ein globales Ziel zum Ausbau Erneuerbarer Ernergien durchsetzen. Dafür brauchen wir globale Bündnispartner.

Und da haben wir ein Problem. Deutsche Außenpolitik hat es geschafft, ein Jahr nach dem Überfall die globale Koalition von über 140 Staaten gegen diesen Krieg zusammenzuhalten.

Doch viele, wichtige Staaten wie Südafrika oder Indien stehen abseits. Erklären sich für „neutral“, verfolgen einen „balancierten Ansatz“. Sie schließen sich mit Russland und China nicht nur im Format BRICS zusammen. Sie wollen dieses Bündnis erweitern. Es geht um ein Gegengewicht gegen „den Westen“.

Daran hat ein selbstgerechter Westen selbst Schuld. Das hat mit dem 11. September zu tun – dem 11. September 1973. Vor fünfzig Jahren putschte das Militär in Chile mit Unterstützung der USA den gewählten, sozialdemokratischen Präsidenten weg.

Sie ermordeten Salvador Allende wie Tausende andere Menschen. Die USA überzogen ganz Lateinamerika, Brasilien wie Argentinien mit Militärdiktaturen. Europa half dabei oder sah zu, wie Europa und die USA das Apartheid Regime in Südafrika unterstützten. In all diesen Ländern wurde die Demokratie gegen einen selbstgerechten West erkämpft.

Das war schlechte Realpolitik. Sie ist nur die andere Seite der gewollten Naivität gegenüber Autokratien wie Russland oder China um eines Wettbewerbsvorteils willen. Schlechte Realpolitik beschert uns heute massive Sicherheitsprobleme. Frankreich hat Niger vor allem als Uranmine, Gabun als Quelle von Öl, Gas und Mangan, gesehen.

Es hat dafür korrupte Herrschaftsclans gepampert. Wen wundert, wenn die Putschisten in Niger und Gabun für ihren Coup gegen die Demokratie Beifall aus der Bevölkerung bekommen. Es geht ja „gegen den Westen“. FranceAfrique ist nicht nur mit den Wertendes Westens unvereinbar. Es gefährdet europäische Interessen.

Das müssen wir beenden. Nur eine wertegeleitete Realpolitik ist eine kluge Realpolitik. Dafür steht diese Bundesregierung. Dafür steht die Politik unserer Außenministerin Annalena Baerbock.

 

 

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