Ayotzinapa: Gebrauch deutscher Waffen verpflichtet unser Land zur Aufarbeitung

Anlässlich des neunten Jahrestags des mexikanischen Staatsverbrechens Ayotzinapa erklären Jürgen Trittin, Sprecher für Außenpolitik, und Max Lucks, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:

Heute vor neun Jahren sind im mexikanischen Bundesstaat Guerrero 43 Studenten durch Sicherheitskräfte im Verbund mit der organisierten Kriminalität gewaltsam verschleppt worden. Bisher wurden nur drei Körper gefunden und identifiziert. Darüber hinaus wurden sechs Menschen getötet und 40 weitere verletzt. Wir gedenken der Opfer und ihrer Angehörigen. Die Verantwortlichen für dieses Verbrechen müssen gefunden und vor Gericht gestellt werden, damit die Wahrheit über das Schicksal der Verschwundenen endlich ans Licht kommt. Der Fall steht sinnbildlich für die Verstrickungen zwischen staatlichen und kriminellen Strukturen in einem Kontext fast absoluter Straflosigkeit. Klar ist: Die Polizei hat bei ihrem Einsatz gegen die Studenten illegal gehandelte G-36-Gewehre der deutschen Firma Heckler & Koch verwendet. Dass deutsche Waffen an dieser Grausamkeit beteiligt waren, ist eine Schande für unser Land und verpflichtet uns zur Erinnerung und Unterstützung der Aufarbeitung.

Die von der mexikanischen Regierung eingesetzte Wahrheitskommission hat bestätigt: Ayotzinapa war ein Staatsverbrechen. Bislang wurden offiziellen Zahlen zufolge 116 Personen – darunter 14 Militärangehörige – verhaftet. Dennoch ist das Verbrechen noch lange nicht aufgeklärt.

Der ehemalige Präsident Peña Nieto hat mit seiner Lüge der „historischen Wahrheit“ eine bewusst falsche Schilderung der Ereignisse verbreitet und mit einer korrupten Generalstaatsanwaltschaft die alleinige Verantwortung dem Drogenkartell „Guerreros Unidos“ zugeschoben. Tatsächlich aber waren staatliche Akteure auf verschiedenen Ebenen an dem Angriff auf die Studenten der Escuela Normal Rural von Ayotzinapa und der anschließenden Verschleierung der Tatsachen beteiligt – vom ehemaligen Sicherheitsminister bis zum Militär, der Marine und der Lokalpolizei zusammen mit Drogenkriminellen. Unter Folter wurden falsche Geständnisse erzwungen. Armee und Sicherheitskräfte waren durch Überwachungsmaßnahmen über den Standort und Verbleib der verschwundenen Studenten informiert, behindern aber weiterhin die Suche nach den Verschwundenen. Deshalb hat die internationale Expert*innengruppe (GIEI) der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die neun Jahre lang wertvolle Arbeit leistete, im Juli 2023 ihren letzten Bericht vorgestellt. Jetzt ist es wichtig, dass der Aufklärungsprozess weitergeht, dass das Militär seine Archive öffnet und die fehlenden Informationen bereitstellt, damit alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und die Angehörigen ihre Verstorbenen begraben und betrauern können. Wir verurteilen jegliche Angriffe auf Angehörige sowie die Überwachung von Ermittler*innen scharf. Außerdem unterstützen wir die aktuelle sowie zukünftige Regierungen in den Bemühungen, ihr Versprechen einzuhalten und für eine vollständige Aufklärung und Entschädigung der Opfer zu sorgen. Darüber hinaus verdienen alle Familien der über 100.000 gewaltsam verschwundenen Menschen in Mexiko Wahrheit und Gerechtigkeit.

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