Freihandel muss fair sein

Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin ruft auf sich am globalen Aktionstag am Samstag, 18. April 2015 gegen die Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) in ihrer jetzigen Form zu beteiligen. Eine Unterschriften-Aktion der Grünen Göttingen findet dazu von 14 bis 17 Uhr auf dem Marktplatz am Gänseliesel statt. Im Rahmen des Aktionstag hat Göttinger Bundestagsabgeordnete Jürgen Trittin zahlreiche Zuschriften aus dem Wahlkreis zum Thema TTIP erhalten, die wir aufgrund des großen Interesses auch auf unserer Homepage www.trittin.de veröffentlicht haben. Des weiteren wird Jürgen Trittin am 29. April 2015 um 19:30 Uhr im Raum 104 des Zentralen Hörsaalgebäudes der Universität einen Vortrag mit anschließender Diskussion in englischer Sprache auf Einladung der AG Internationales der Agrarwissenschaftlichen Fakultät zum Thema TTIP durchführen.

Antwort auf die Zuschriften aus dem Wahlkreis:

Die Regelung der Globalisierung durch ein weltweites Handelsabkommen ist nötig. Leider stagnieren seit Jahrzehnten die Verhandlungen innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) aufgrund von ungelösten Interessenkonflikten zwischen den alte Industrie und den aufstrebenden Schwellenländern wie Brasilien, Indien, China oder Südafrika. Auch die Idee, hierfür den Weg durch regionale Abkommen zu ebnen wie dem transpazifischen (TTP) oder einem transatlantischen (TTIP) ist im Grundsatz richtig. Voraussetzung dafür ist aber, dass solche Abkommen keine exklusiven, Dritte ausschließende sind. Eines der Kritikpunkte an der konkreten Ausgestaltung des transatlantischen Handelsabkommens ist, dass genau diese Frage der Offenheit für Dritte nicht hinreichend geklärt ist.
Ein vorbildliches Handelsabkommen darf nicht nur keine sozialen, ökologischen und Verbraucherstandards absenken, sondern müsste anstreben, höhere zu erreichen. Die EU könnte beispielsweise in der Frage der Finanzdienstleistungen von den strengen Regeln der Amerikaner lernen. Es wäre ein Fortschritt, wenn auch in Europa, wie in den USA, Sammelklagen von Verbraucherinnen gegen Unternehmen möglich wären. Das TTIP-Abkommen in seiner jetzigen Form droht aber vor allem künftige Standards auf beiden Seiten des Atlantiks massiv unter Druck zu setzen.

Handelsabkommen sollten in ihrer ökonomischen Wirkung nicht überschätzt werden – wie es die Propaganda des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) suggeriert. Selbst die TTIP verhandelnde Kommission der Europäischen Union musste inzwischen zugeben, dass die versprochenen wirtschaftlichen Wachstumschancen des Abkommens eher dürftig ausfallen. Gerade einmal 0,05 Prozentpunkte Wachstum pro Jahr ist alles, was die TTIP-Lobby noch aufweisen kann.

Diese mageren wirtschaftlichen Vorteile sind sehr genau abzuwägen gegen die von Ihnen genannten schweren Risiken für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Diese Bedrohungen beginnen vor Ort: Viele Dienstleistungen – von der Gesundheitsversorgung in kommunalen Krankenhäusern bis zur Wasser- und Abfallwirtschaft – werden in Deutschland von den Kommunen bereitgestellt. Das TTIP-Abkommen kann gravierende Auswirkungen auf diese Bereiche und haben droht dann, die kommunale Handlungsfähigkeit einzuschränken, da der Begriff der öffentlichen Daseinsvorsorge auf beiden Seiten des Atlantiks völlig unterschiedlich definiert wird.

Besonders kritisieren wir Grüne die in TTIP enthaltenen Schiedsgerichte. Der Skandal, dass Vattenfall vor einer geheimen Schiedsstelle Deutschland wegen des Atomausstiegs auf Schadensersatz verklagt, soll mit ihnen zur Regel werden. Dass mit solchen Klagen der Gesetzgeber erpresst werden kann, Regulierung innerhalb des Rahmens des Grundgesetzes und der Europäischen Grundrechtecharta zu unterlassen, ist offenkundig. Verschärft wird dies noch durch das Gebot der regulatorischen Kooperation, bei der neue Regulierung einem verschärften Lobbydruck gerade großer Unternehmen ausgesetzt wird.
Noch größer dürfte das Erpressungspotential großer Unternehmen mit Schadensersatzdrohungen gerade gegenüber Behörden sein, die bestehendes Recht anwenden. Investor-Staat-Schiedsverfahren sind zwischen Rechtsstaaten nicht nur überflüssig. Sie schaffen eine parallele Geheimgerichtsbarkeit hinter dem Rücken der öffentlichen Justiz.

In seiner jetzigen Gestaltung lehnen wir Grünen dies und die damit verbundene Schwächung des Rechtsstaates und der Demokratie ab. Deshalb werden wir uns auch weiterhin gegen ein Abkommen in dieser Form und für eine nachhaltige und rechtsstaatliche Handelspolitik einsetzen.

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