Gastbeitrag in der Welt vom 20.05.2015
Die Ukraine taugt nicht als Begründung für die Vorbereitung auf neue symmetrische Auseinandersetzungen. In Wahrheit hat der Krisenverlauf in der Ukraine mehr mit Libyen oder Syrien gemein als mit der Blockkonfrontation vergangener Jahrzehnte.
Die Konflikte der Gegenwart gehen von zerfallenden und zerfallenen Staaten aus. Ein ganzes Bündel globaler Risiken kommt dabei zusammen, und diese verstärken sich gegenseitig: Klimawandel, Kampf um Energie und Ressourcen, wachsende Ungleichheit und die massenhafte Verbreitung von Waffen.
Mehr schwere Waffen, mehr Abschreckung – ja selbst mehr Kampfdrohnen verstärken lediglich die Asymmetrie. Sie lösen aber keinen Konflikt. Auch deshalb kann die Nato zur Bewältigung der Ukraine-Krise nichts beitragen – aber sie enorm erschweren. Die aus Staatszerfall resultierenden Krisen sind nicht durch militärische Übermacht zu beenden. Barack Obamas Aussage „no victors, no vanquished“ ist zutreffend (keine Sieger, keine Besiegten).
Solche Konflikte enden – wenn sie enden – mit einem politischen Kompromiss. Sie kennen keine kurzfristigen Ergebnisse. Deshalb ist zivile Krisenprävention gut investiertes Geld. Wenn in bestimmten Fällen eine militärische Komponente nötig sein kann, bedarf es immer langfristiger politischer Lösungen, massiver Investitionen in Entwicklung und die Bereitstellung von Ressourcen zum Aufbau von Institutionen. Militär kann Zeitfenster für politische Lösungen öffnen. Nicht mehr – und manchmal leider noch weniger.
Dringender als Soldaten brauchen wir vor allem Ärzte, Ökonomen, Ingenieure, Polizisten, Richter, Staatsanwälte. Für die Stabilisierung zerfallender Staaten sind Polizisten wichtiger als Panzer. Das Zusammenwirken all dieser Kräfte in zivil-militärischen Missionen ist der einzige Weg, der eine Chance auf eine Beendigung solcher Kriege birgt. All dies kann die Nato nicht. Sie kann Selbstverteidigung.
Für die Lösung der neuen Sicherheitsherausforderungen ist die Europäische Union deutlich besser geeignet als die Nato mit ihrem Lippenbekenntnis zu einem Comprehensive Approach. Die EU ist in der Lage, anders als die Nato aufzutreten und deren bittere Fehler zum Beispiel in Afghanistan zu vermeiden.
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