Die Zukunft der Energie ist erneuerbar

Klima, Kohle, Kapital

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, heute Abend mit Ihnen über die deutsche Energiewende zu sprechen.

1 Klimakrise und Deutschland

Die deutsche Energiewende ist eine Erfolgsgeschichte. Sie hat den deutschen und den globalen Energiemarkt nachhaltig verändert. Eine Erfolgsgeschichte allerdings, bei der Deutschland momentan immer mehr ins Abseits gerät.

Deutschland war einmal – da können wir ganz unbescheiden sein – Vorreiter für Klimaschutz und vor allem Wegbereiter der weltweiten Energiewende.

Nur warum machen wir das? Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat den höchsten Stand erreicht, den es seit 800 000 Jahren nicht gegeben hat. Seit es die Menschheit gibt, war sie nicht so hoch. Der Anstieg fällt zusammen mit dem Beginn der industriellen Revolution.

Handelt es sich um Zufall oder gibt es einen Zusammenhang? Seit dem 19. Jahrhundert ist der physikalische Effekt bekannt, wonach mit der Konzentration des CO2 in der Atmosphäre die Menge, der nicht in den Weltraum zurückreflektierten Sonnenstrahlung wächst. Es wird heißer.

Es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen den Treibhausgasen und der Klimakrise. Dies hat Folgen. Steigen die globalen Temperaturen um mehr als 2 Grad – zurzeit erscheinen 2,6 Grad wahrscheinlich – drohen mehr Dürren, mehr Überschwemmungen, mehr Malaria sowie ein beachtlicher Anstieg des Meeresspiegels.

Die IOM rechnet dann mit über 150 Mio. Klimaflüchtlingen pro Jahr – und Sir Nicholas Stern hat berechnet, dass uns zwischen 5 und 20 % des weltweiten GDPs kosten kann. Die Begrenzung auf 1,5 Grad ist ambitioniert, wie man im aktuellen Sonderbericht des IPCCC nachlesen kann. Aber sie ist allemal günstiger.

Dafür muss der ansteigende Ausstoß der Treibhausgase reduziert werden. Und in der Tat wurden die Treibhausgase in Deutschland gesenkt. Dank effizienteren Kraftwerken, mit der De-Industrialisierung Ostdeutschlands, durch das Deponieverbot, durch den Ausbau Erneuerbarer Energien wurden die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis zum Anfang dieses Jahrhunderts um gut ein Viertel gesenkt.

Deutschland hat mehr getan als andere. Das war gut so. Aber das war auch nötig.Deutschland emittierte nämlich pro Kopf mehr als andere Europäer. Und Deutschland muss auch weiter hin mehr tun. Denn noch immer liegen seine Pro-Kopf-Emissionen ein Drittel höher als der Durchschnitt der Europäischen Union. Doch genau das passiert nicht.

Die Große Koalition von CDU und SPD hat beschlossen die eigenen Klimaschutzziele von -40 % in 2020 nicht mehr zu erreichen. Deutschland wird dann Probleme haben, die nötigen -55 % in 2030 erreichen zu können, zu denen es sich in Paris verpflichtet hat.

Unter Frau Merkel stagnieren die Treibhausgasemissionen. Alles was im Stromsektor eingespart wurde, wird von steigenden Verkehrsemissionen wieder aufgefressen. Landwirtschaft und Industrie haben wenig zum Senken beigetragen. Die wärmebedingten Emissionen stagnieren. Und die Einsparpotentiale im Strombereich sind nicht wirklich genutzt.

Soll das Ziel 2030 erreicht werden, müssen die strombedingten Emissionen um Zweidrittel gegenüber 1990 gesenkt werden. Doch genau daran scheitert die Große Koalition. In Deutschland steht die Bundesregierung auf der Klimaschutz-Bremse. Sie will den alten Konzernen die Kohle retten.

2 Erfolgsgeschichte Energiewende

An einem fehlenden Konsens zu Klimaschutz und Energiewende liegt es nicht. 17 Jahre nach dem Atomkonsens und der Verabschiedung des Erneuerbaren Energien Gesetzes sind in Deutschland mittlerweile verbal alle für die Energiewende – selbst die, die hart daran arbeiten sie auszubremsen. Bis heute sind die Klimaleugner der rassistisch-nationalistischen AfD eine zwar laute, aber kleine Minderheit.

Die Menschen reden nicht nur von der Energiewende. Sie investieren sogar ihr Geld. Und es sind Bauern, Genossenschaften, Bürgerfonds, und nicht die großen Energiekonzerne, die Milliarden in Erneuerbare Energien investiert haben. 40% erneuerbarer Strom in Deutschland sind weitgehend konzernfrei.

Es ging viel schneller als geplant. Ursprünglich sollten 2020 20 % erreicht werden. Dieses Ziel wurde schon 2012 übertroffen. Heute sparen Erneuerbare erheblich mehr Treibhausgase ein, als alle PKWs emittieren.

Doch seit zwei Jahren gehen die Investitionen zurück. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem sich diese Investitionen auszahlen, wo es sich lohnt, den eigenen Strom vom Dach selbst zu verbrauchen, weil er billiger ist als von den Stadtwerken, da tritt die Bundesregierung auf die Ausbaubremse.

Was für ein Blödsinn. Die Weltmärkte sprechen eine andere Sprache. Die wirkliche deutsche Vorreiterrolle wurde beim Erneuerbare Energien Gesetz beschritten. Und dieser tatsächliche deutsche Sonderweg war gut für die Welt.Die degressive Einspeisevergütung hat die Kosten für Wind- und Sonnenenergie um gut 90 % reduziert. Erneuerbare wurden so wettbewerbsfähig. Heute ist die globale Referenzgröße für die Kosten einer Kilowattstunde die Windenergie – mit der Photovoltaik dicht auf den Fersen. Die Energiewende in Deutschland hat die Erneuerbaren billig gemacht.

3 Globaler Boom –Deutschland fehlt

Deutschland hat so wesentlich dazu beigetragen, dass nunmehr im sechsten Jahr in Folge weltweit mehr erneuerbare Kapazitäten ans Netz gingen als fossile und fissile.

Dieser Boom findet im Öl und Gas reichen Texas statt. Er startet in der Öl-Provinz Alberta. Er prägt China ebenso wie Indien. Auch wenn Präsident Trump als oberster Klimaleugner die globale Erwärmung für eine Erfindung hält – die US-Emissionen sind rückläufig, weil Gas Kohle ersetzt und weil in den Staaten die Windenergie boomt.

Sie boomt so, dass die USA den einstigen Marktführer bei Windkraft, Deutschland, inzwischen überholt haben. Kein Wunder. 2017 investierten die USA rund 60 Mrd. $ in Erneuerbare Energien, China sogar 140 Mrd. $. Während China seine Investitionen um ein Viertel steigerte, sanken sie in Deutschland um ein Viertel – auf 14,6 Mrd. $.

Anders gesagt: China investiert heute zehnmal und die USA viermal so viel in Erneuerbare als der ehemalige Vorreiter Deutschland.

Die Zukunft der globalen Stromerzeugung ist erneuerbar. Erneuerbare sind im Wettbewerb nicht zu schlagen. Während Wind und Sonne die Kilowattstunde heute für unter 5 Cent liefern können, kostet eine Kilowattstunde aus einem hocheffizienten Gaskraftwerk zwischen 7 und 8 Cent. Neue Kohlekraftwerke kommen wegen der längeren Abschreibungszeiten auf Kosten zwischen 8 und 11 Cent. Atomkraftwerke landen bei über 20 Cent.

Fossil und Fissil sind nicht wettbewerbsfähig. Erneuerbare sind die Antwort auf den wachsenden Energiehunger der Welt.

Die Bundesregierung ist dabei, die Führungsrolle bei einer globalen Schlüsselindustrie zu verspielen. Es begann mit dem Verbot für Freiflächen-Fotovoltaik, ging über die Sonnensteuer und den Deckel für Windausbau im Norden bis dahin, dass jetzt die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausschreibung nicht auf den Weg gebracht wird.

Mit fatalen Folgen: Die einst neu entstandenen 400.000 Arbeitsplätze im Sektor der Erneuerbaren Energien sind bereits auf 330.000 abgeschmolzen. Über 100 000 Arbeitsplätze sind in der Solarindustrie – brutto – verloren gegangen. 2010 waren in der Solarbranche in Deutschland 133 000 Menschen beschäftigt. 2016 waren es noch 32 000. In der Windindustrie sind es auch schon über 10 000 Verluste– Tendenz steigend.

Global boomen Erneuerbare – nur Deutschland, das dies ermöglicht hat, steht abseits.  Mit ernsten Konsequenzen für Klima und Wirtschaft.

4 Koalition, Klima, Kohle

Das bedeutet: Will Deutschland seine Zusagen beim Pariser Klimaabkommen einhalten, muss bis 2030 die Hälfte allen Öls, die Hälfte aller Kohle und ein Viertel des Erdgases eingespart werden.

Trotzdem haben Merkel und die GroKo in den letzten Jahren Milliarden von Steuergeldern in die dreckige Kohlekraft gesteckt. Die bläst nicht nur Dreck in die Atmosphäre, sondern sorgt auch dafür, dass hocheffiziente Windkraftanlagen immer wieder stillstehen müssen.

Dementsprechend zaghaft gestaltet sich der Ausstieg aus der Kohle: Zuerst gab es wochenlang Gezänk über Auftrag und Zusammensetzung der Kohlekommission. Dann schwoll die Kommission auf 31 Mitglieder an, die von 4 Vorsitzenden moderiert werden sollen. Nur bei allem Aufblähen – für Vertreter der Opposition war kein Platz.

Gleichzeitig versucht die Kohlekommission im Hambacher Wald trotz breiter Proteste Fakten zu schaffen – durch Abholzen. Sie wurden von Gerichten gestoppt. Der Aktienkurs von RWE verlor 8,5%.

Gesellschaftlicher Konsens geht anders. Erfolgreiche Klimapolitik auch.Schließlich brauchen wir dringend einen konsequenten und geplanten Kohleausstieg. Das sind wir den Beschäftigten in der Branche schuldig.

In der Braunkohleförderung arbeiten heute noch gut 19 000 Menschen. Im rheinischen Braunkohlerevier sind dies rund 1,8 % der Beschäftigten. Wir wollen den geordneten Ausstieg ohne betriebsbedingte Kündigungen. Wir wollen, dass in die betroffenen Regionen massiv investiert wird.

Nur so kann Strukturwandel gestaltet und können Strukturbrüche verhindert werden.Denn die großen Investoren wie Blackrock oder die Allianz wollen raus aus der Kohle. Sie wissen – wenn 80 % der fossilen Vorräte unter der Erde bleiben müssen, dann sitzen sie auf einem Haufen totem Kapital. Allein die an Börsen gelisteten Unternehmen haben 7 Billionen $ in fossile Energien versenkt.

Platzt diese Carbon Bubble werden Milliarden Abschreibungen bei Banken und Anlegern fällig. Deshalb wird es zu einem Kohleausstieg kommen – entweder politisch gestaltet und sozial abgefedert oder durch einen Crash.

5 Energiewende: Deutschland holt auf

Ich finde, Deutschland sollte wieder Vorreiter werden.

Wir brauchen eine umfassende Energiewende:

  • Wir müssen den Deckel vom Ausbau der Erneuerbaren reißen. Wir brauchen neue Ausschreibungen.
  • Der Ausstieg aus der Kohle muss kommen. Und zwar schnell, demokratisch und sozial verträglich.
  • Wir brauchen ein Förderprogramm für die energetische Gebäudesanierung – würde wir dies konsequent betreiben, könnten wir 2030 so viel Gas einsparen – wie wir heute aus Russland importieren.
  • Beim EU-Emissionshandel muss Deutschland einen Mindestpreis für CO2-Emissionen einführen.
  • Wir brauchen mehr Elektromobilität, und weniger Diesel auf den Straßen. Dazu zählt auch, die Dieselsteuer auf das Niveau der Benzinsteuer anzuheben. Bis 2030 sollte der fossile Verbrennungsmotor passé sein.

Ja, die Energiewende fordert uns heraus. Aber ein Blick über unsere Grenzen zeigt:

Wir können mit der Energiewende nur gewinnen – beim Klimaschutz, in unserer Wettbewerbsfähigkeit und mit unseren Arbeitsplätzen.

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