Am 4. Dezember moderierte Jürgen Trittin eine Podiumsdiskussion zu TTIP und CETA in Göttingen. Die Veranstaltung fand im Rahmen der „Fairhandlungstour“, einer deutschlandweiten Diskussionsreihe zu den beiden geplanten Freihandelsabkommen statt. Zu Gast waren Bärbel Höhn, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/Die Grünen, Katharina Reuther, Geschäftsführerin von UnternehmensGrün, Dr. Alexandra Baum-Ceisig, Generalsekretärin des Volkswagen Gesamt- und Konzernbetriebsrates sowie Christoph Meinecke, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen.
Die TeilnehmerInnen bewerteten die Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) unterschiedlich: Während Katharina Reuther die These vertrat, die mit TTIP einhergehende Investitionsschutzklausel ISDS schade kleinen und mittleren Unternehmen gerade bei vorbildlicher Wirtschaftsführung, kritisierte Dr. Baum-Ceisig vor allem die fehlende Transparenz der gegenwärtigen Verhandlungen. So sei es unmöglich, sicherzustellen, dass es nicht zu einem Abbau von Arbeits-, Umwelt-, Verbraucher-, und Sozialstandards komme. Auch Bärbel Höhn unterstütze diese Kritik, ging jedoch noch einen Schritt weiter. Im Grunde würden TTIP und CETA in ihrer jetzigen Form eine Machtverschiebung von der Politik hin zur Wirtschaft bedeuten. Diese Grundsatzkritik mochte Christoph Meinecke nicht teilen. Er betonte immer wieder auch die Chancen, die aus einem Freihandelsabkommen wie TTIP erwachsen würden. Hier böte sich eine einmalige Möglichkeit für große, mittelständische und auch kleine Betriebe, neue Märkte zu erschließen.
Kontrovers wurde in der anschließenden Diskussion vor allem der geplante Einsatz von Schiedsgerichten zum Investorenschutz besprochen. Insbesondere wurde infrage gestellt, inwieweit diese Gerichte demokratisch legitimiert seien und ob geheime Verhandlungen nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben könnten. Jürgen Trittin betonte, private Schiedsgerichte seien in einem Rechtsstaat nicht nur überflüssig, sie würden auch eine parallele Geheimgerichtsbarkeit hinter dem Rücken der öffentlichen Justiz schaffen. Die vielen Rückfragen der ZuschauerInnen während der Diskussion zeigten das Unbehagen über die Möglichkeit für Unternehmen, Staaten auf Milliardenbeträge zu verklagen.
Letztlich wurde in dieser Diskussion deutlich: Viele Fragen sind ungeklärt. Die weitestgehend intransparenten Verhandlungen um TTIP haben das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger untergraben und Ängste geschürt. Auch Unternehmensvertreter zweifeln an der aktuellen Umsetzung des Freihandelsabkommens. Nur durch umfassende Reformen kann es gelingen, eine breite Akzeptanz für dieses Abkommen in der Bevölkerung zu schaffen. So muss die Zivilgesellschaft stärker als bisher an den Verhandlungen beteiligt werden. Europäische Standards und Gesetze sowie die Rechtsstaatlichkeit dürfen nicht untergraben werden. Vielmehr müssen soziale Standards und der Klimaschutz in Handelsabkommen gestärkt werden. Denn nur so kann sich eine faire, nachhaltige wirtschaftliche Zusammenarbeit entwickeln, an der alle teilhaben können.
Verwandte Artikel
Neues Staatsangehörigkeitsgesetz stärkt Demokratie und Teilhabe
Deutschland ist ein Einwanderungsland. In einer Welt, in der um Arbeitskräfte gerungen wird. Deutschland braucht 400.000 Einwanderer jährlich, will es seinen Wohlstand halten. In diesem globalen Wettbewerb spielt der Zugang Staatsbürgerschaft eine Rolle. Sie ist Standortfaktor und keine zu verleihende Gratifikation. Dem tragen wir durch ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht Rechnung. Wir erkennen damit endlich die Lebensrealitäten in unserem Land an und senden sehr vielen Menschen die Botschaft, dass wir ihre Lebensleistung würdigen.
Weiterlesen »
Reisebericht Israel & Palästina: Ringen um Frieden, Demokratie und Sicherheit
Vom 13. bis zum 17. Mai 2023 reisten Agnieszka Brugger, Vizevorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion, und Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher, zu politischen Gesprächen nach Israel und in die Westbank in. Begleitet wurden sie von Dr. Carsten Wieland, Nahostreferent. Ein geplanter Besuch des Gazastreifens wurde von den israelischen Behörden nicht gestattet.
Weiterlesen »
Vorreiter der globalen Energiewende – 30 Jahre Windkraft Diemarden
In letzter Zeit häufen sich bei mir Einladungen wie diese. Jüngst bekam ich eine Einladung, um in Meisenheim zum Thema 25 Jahre Energie-wende zu sprechen. Solange ist der Einstieg in die Erneuerbaren und der Atomausstieg bald her – der Beginn der Energiewende,
Was lehrt uns das:
Windpark Diemarden war uns fünf Jahre voraus.
Meinen Glückwunsch dazu.
Weiterlesen »
Kommentar verfassen