Die Entwicklung der Infektionen mit dem Coronavirus sowie die steigenden Zahlen von Covid-19-Erkrankungen in Deutschland und in unseren Nachbarstaaten in Europa erfüllen mich mit großer Sorge. Nachdem wir durch Verminderung der Kontakte im Sommer einen deutlichen Rückgang der Infektionen erreicht hatten, sehen wir nun stark ansteigende positive Testergebnisse. Waren am Anfang der Pandemie noch weniger als 1 Prozent der durchgeführten Tests positiv, erreichen wir inzwischen schon 8 Prozent – und das trotz sehr viel mehr Tests. Die Fälle, in denen die Gesundheitsämter die Infektionsketten nicht mehr nachverfolgen können, steigen rasant an. Auf den Intensivstationen haben wir einen neuen Höchststand in der Belegung mit Covid-19-Kranken erreicht.

Auch ich wünsche mir, dass wir so schnell wie möglich wieder zu unserem gewohnten Leben zurück kehren können. Die Einschränkungen zum Schutz der Gesundheit sind eine große Belastung. Doch dafür müssen die Infektionszahlen wieder drastisch gesenkt werden.

Wir müssen jetzt die unkontrollierte Ausbreitung des Virus durchbrechen. Wir müssen verhindern, dass die Ärztinnen und Ärzte, die Pflegekräfte in unseren Krankenhäusern in eine Lage kommen, in der sie es nicht mehr schaffen, die Menschen zu behandeln. Der Schutz von Leben und Gesundheit der Menschen in unserem Land ist der Auftrag und die Verantwortung der gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestags.

Deshalb sind die Maßnahmen, die jetzt unter dem Lockdown light beschlossen worden sind, aus meiner Sicht richtig und notwendig. Nur durch eine massive Verringerung aller physischen Kontakte und durch Abstandsregeln und das Tragen von Masken ist dem exponentiellen Anstieg der Infektionen etwas entgegenzusetzen – solange es noch keinen Impfstoff gibt, der in ausreichender Menge zur Verfügung steht.

Ich bin aber auch der Auffassung, dass wir solche gravierenden Einschränkungen nicht mehr einfach auf dem Verordnungswege verhängen können, sondern dass es dafür eine ausreichend bestimmte gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz braucht, über die der Bundestag als Gesetzgeber entscheidet. Wir wollen den Lockdown light also nicht aufheben, sondern auf eine besser gesicherte (verfassungs-)rechtliche Grundlage stellen. 

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen hat dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 19/23980). Wir sind darin der Auffassung, dass es eine klare Verknüpfung zwischen dem Infektionsgeschehen und möglichen Eingriffen in Grundrechte geben muss. Der Zweck, die Bedingungen und die Grenzen solcher Eingriffe müssen klar bestimmt sein. Der Bundestag muss dauerhaft Zugang zu wissenschaftlicher Expertise haben, um die Bekämpfung der Pandemie auf evidenzbasierter Grundlage begleiten zu können. Dafür wollen wir einen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zusammengesetzten Pandemierat einsetzen.

Der in der vergangenen Woche von den Regierungsfraktionen eingebrachte Vorschlag eines neuen Art. 28a des Infektionsschutzgesetztes (IfSG) erfüllt diese Voraussetzungen aus unserer Sicht so nicht.

Wir werden nun das parlamentarische Verfahren nutzen, um entsprechende Änderungen einzufordern.

Bleiben Sie gesund!