Novelle zum Infektionsschutzgesetz kann nur ein erster Schritt sein

An diesem Mittwoch, dem 21.04.2021, haben wir im Bundestag über den Gesetzesvorschlag zur Novelle des Infektionsschutzgesetzes von CDU/CSU und SPD abgestimmt. Es ist richtig, dass nun endlich bundeseinheitliche Maßnahmen beschlossen wurden. Dennoch darf das vorliegende Gesetz nur ein erster Schritt sein und ersetzt keine umfassende Strategie um die dritte Welle der Coronapandemie, in welcher wir uns zur Zeit befinden, zu brechen. 

Die Intensivstationen sind am Limit, viel zu viele Menschen infizieren sich noch immer mit dem Virus, erkranken und sterben teils sogar. Diese aktuelle epidemische Lage erfordert seit Wochen unverzügliches und umfassendes Handeln. All das ist und war eine absehbare Entwicklung, die weiteres Leid erzeugte und für unsere Krankenhäuser, als auch für unsere gesamte Gesellschaft, zur immer größeren Belastung wird. 

Wir müssen dafür sorgen, dass sich deutlich weniger Menschen an dem gefährlichen Virus und seinen Mutationen anstecken. Es wäre absolut falsch, sich jetzt monatelang noch durchzuwursteln. Die Folge wären sehr konkret: hunderttausende unnötige Krankheiten, viele mit Spätfolgen, tausende vermeidbare Tote. 

Die Bundesregierung hat die vergangenen Wochen erst ungenutzt verstreichen lassen und dann mit zu wenig Ambition versucht, die Löcher mit einem Notbehelf zu flicken. Dabei ist es der Bundesregierung auch im 13. Monat der Pandemie nicht gelungen ein schlüssiges und ausgewogenes Gesamtkonzept vorzulegen, mit dem wir das Pandemiegeschehen effektiv in den Griff bekommen. 

Zwar ist es richtig, dass nun endlich zumindest eine bundeseinheitliche Notbremse beschlossen wurde – um eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern, reichte der Vorschlag der Koalition jedoch nicht. Deshalb haben wir uns in zahlreichen Gesprächen mit der Großen Koalition für dringende Nachbesserungen an diesem Paket eingesetzt und konnten Verbesserungen erzielen: schärfere Regelungen fürs Homeoffice, stärkere Schutzvorschriften für die Schulen, als auch Regelungen, die die Notbremse lebenspraktischer und damit umsetzbarer machen. 

Doch auch mitsamt der von uns erzielten Verbesserungen reicht diese Notbremse nicht aus. Zu spät handeln wir bereits seit Wochen, jetzt dürfen wir nicht auch noch weiterhin zu wenig tun. Eine zu einseitige Politik, die vor allem Restriktionen für Bildung und Privatleben vorsieht, ist weder konsequent genug, um uns vor der Epidemie zu schützen, noch ist sie verhältnismäßig. Angesichts der angespannten Pandemielage werden wir einer schnellen Umsetzung jedoch nicht im Weg stehen und enthalten uns deshalb bei der Abstimmung zum Gesetzesentwurf. 

Auch war es richtig und wurde von uns seit langem gefordert, die Debatte und den Beschluss von Maßnahmen und Beschränkungen zur Eindämmung der Coronapandemie in den Deutschen Bundestag zu holen. Dieser schwache Start aber verdient kein Lob.Durch ihre Weigerung, die Arbeitswelt wirklich verbindlich in die Pflicht zu nehmen, setzen Union und SPD die Wirksamkeit dieser Bremse aufs Spiel. Es ist absolut unverständlich, dass wir keine verbindliche Testpflicht in der Wirtschaft bekommen, wodurch Infektionen am Arbeitsplatz wirksam eingedämmt werden könnten. Der Arbeitsschutz für die Beschäftigten ist so weiterhin nicht gegeben. 

Durch dieses Zögern in der Arbeitswelt verursacht die Bundesregierung auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von Ausgangsbeschränkungen. Diese können aufgrund ihrer freiheitsbeschränkenden Wirkung nur Teil eines schlüssigen Gesamtkonzepts und ultima ratio sein. Hinzu kommt, dass es auch an gesetzlichen Ausnahmen für Menschen fehlt, die bereits geimpft sind. Die Rücknahme von Beschränkungen für Geimpfte darf nicht im Ermessen der Bundesregierung liegen, sondern bedarf einer zwingenden gesetzlichen Grundlage. 

Verbesserungen, die wir erreichen konnten:

  • Mehr Sicherheit in Schulen: Der besonderen Infektiösität der B117 Variante wird stärker Rechnung getragen als vorher und die Sicherheit in Schulen erhöht: Dort sind nun inzidenzunabhängig zwei wöchentliche Tests von Schüler*innen und Lehrkräften als Voraussetzung für den Präsenzunterricht vorgeschrieben. Bereits ab einer 100er-Inzidenz ist nur noch Wechselunterricht zulässig. Präsenzunterricht ist nun bereits ab einer Inzidenz von 165 untersagt.

     
  • Besserer Schutz von Beschäftigten: Die Regelungen zur Homeoffice-Angebotspflicht wurden verschärft. Das Arbeiten von Zuhause darf vom Arbeitgeber nur noch verweigert werden, wenn zwingende betriebliche Gründe dagegen stehen. Das ist eine hohe Hürde.

     
  • Ausgewogenere und trotzdem wirksame Regeln bei Freizeitaktivitäten und Familien mit Kindern, indem die unterschiedlichen Infektionsrisiken in Innen- und Außenbereichen besser unterschieden werden: Die Außenbereiche von Zoos und botanischen Gärten können nun unter strengen Schutz- und Hygienevorschriften geöffnet bleiben und Sport für Kinder bis 14 Jahren ist auch in 5er Gruppen im Freien möglich.

     
  • Die Transparenz bei den Corona-Regeln wurde verbessert: Die Geltungsdauer der Maßnahmen muss nun unverzüglich ortsüblich bekanntgegeben werden.

Das vorliegende Gesetz darf nur ein erster Schritt sein. Es ersetzt keine umfassendere Strategie für die kommenden Monate. Der eingeschlagene Weg muss fortgesetzt und ein echter Stufenplan im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Die Verhandlungen für ein Paket mit entschlosseneren Maßnahmen, mit denen die Welle nicht nur verlangsamt sondern auch gebrochen werden kann, müssen jetzt unverzüglich weitergehen.

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