Notizen aus Berlin (Die Woche vom 04.-08.07.16)

Der Sieg der Brexit-Befürworter stürzt die Europäische Union in eine tiefe Krise. Das Land ist nicht nur zwischen England, Schottland und Nordirland gespalten. Es ist sozial und demografisch gespalten. Diese Spaltung gibt es in ganz Europa. Sie ist eine Folge des in der Finanzkrise gescheiterten Neoliberalismus. Die Antwort darauf darf nicht länger Deregulierung und Kaputtsparen sein. Wenn der Rückfall in den Nationalismus und der Zerfall Europas aufgehalten werden soll, dann muss sich die EU verändern. Wer Europa zusammenhalten will, muss die Gesellschaft zusammenhalten. Wir brauchen mehr Investitionen in Gerechtigkeit und eine aktive Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Nur so können wir die politische und wirtschaftliche Krise in Europa überwinden.

Am Freitag haben CDU/CSU und SPD im Bundestag mit der EEG-Novelle eine Bremse für die Energiewende beschlossen. Statt die Erneuerbaren Energien nach dem Klimaschutzabkommen von Paris zügig auszubauen, sucht die Bundesregierung weiter nach Wegen, schmutzige Kohlekraftwerke möglichst lange im Markt zu halten und Wind- und Sonnenenergie auszubremsen. Gleichzeitig wird der Ausbau von Windenergie in Bayern per Baugesetz blockiert. Das ist klimapolitischer Wahnsinn. Die Tinte des Paris-Abkommens ist noch nicht ganz trocken, da hat sich die Große Koalition schon von den Klimazielen verabschiedet.

CETA ist ein schlechtes Abkommen. Es ist schlecht für die Bürgerinnen und Bürger, weil es Klageprivilegien für Unternehmen etabliert. Es ist schlecht für Kommunen, weil es die Möglichkeiten der öffentlichen Daseinsvorsorge einschränkt. Es ist schlecht für Verbraucher, weil es das Vorsorgeprinzip schwächt. Darüber müssen wir jetzt reden, wo der vehemente Protest gegen Junckers „EU-only“ Vorstoß endlich Wirkung gezeigt hat. CETA ist ein gemischtes Abkommen und es muss neben dem Rat und EU-Parlament auch von Bundestag und Bundesrat ratifiziert werden. Ein solches Abkommen sollte weder vorläufig noch endgültig angewendet werden. Auch die Bundesregierung muss deshalb CETA im Rat ablehnen und deutlich machen, dass ein kompletter Neustart der europäischen Handelspolitik längst überfällig ist.

An diesem Wochenende findet in Warschau ein Gipfel der NATO-Staats- und Regierungschefs statt. Bereits im Vorfeld hat die Bundesregierung eine Stationierung deutscher Truppen in Litauen und eine massive Erhöhung des Militäretats angekündigt. Abschreckung und Aufrüstung – mit diesen Antworten aus dem letzten Jahrhundert werden wir die Fragen des 21. Jahrhunderts nicht lösen können. Wir brauchen eine Politik der Entspannung gegenüber Russland – besonders in diesen angespannten Zeiten. Und wir brauchen konkrete Schritte für Rüstungskontrolle und Abrüstung. Nur so kann die NATO zu kollektiver Sicherheit in Europa beitragen.

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